# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: In bester Erinnerung | |
> Eine Retrospektive im Kino Arsenal würdigt den „Meister eines poetischen | |
> Pessimismus“ Julien Duvivier. Im Babylon Mitte ruft der Berg. | |
Bild: La belle équipe (F 1931), Regie: Julien Duvivier | |
Die Karriere des französischen Regisseurs Julien Duvivier begann bereits | |
zur Stummfilmzeit und endete erst, als er 1967 bei einem Autounfall | |
verstarb. In guter Erinnerung geblieben ist er allerdings vor allem mit | |
seinen Filmen der mittleren bis späten 1930er Jahre, denn in die Zeit des | |
„poetischen Realismus“ des französischen Kinos passte Duvivier mit seinem | |
Flair für das Melodram gut hinein. | |
„Pépé le Moko“ (ein fatalistischer Gangsterfilm mit Jean Gabin) und „Un | |
carnet de bal“ (eine junge Witwe erlebt vor allem Enttäuschungen, als sie | |
zehn Jahre nach ihrem ersten Ball die Verehrer von einst wieder aufsucht) | |
sind heute Klassiker. Als die Kritiker und Regisseure der Nouvelle Vague | |
mit ihrer „politique d’auteurs“ in den 50er-Jahren jedoch die | |
Deutungshoheit über den französischen Film gewannen, galt ihnen Duvivier | |
allein als ein Filmhandwerker – richtig erholt hat sich Duviviers | |
Reputation davon nie. | |
Eine mit 19 Filmen großangelegte [1][Duvivier-Retrospektive] im Kino | |
Arsenal will dieses Bild nun gerade rücken: Den Handwerker als verkannten | |
Auteur wider Willen und „Meister eines poetischen Pessimismus“ möchten uns | |
die Kuratoren Ralph Eue und Frederik Lang nahe bringen. | |
Eröffnet wird die Retrospektive mit „La belle équipe“ (1936) aus der best… | |
Phase des Regisseurs, einem Film, der in einer Handlung um fünf arbeitslose | |
Freunde, die nach Gewinn einer Lotterie gemeinsam ein Ausflugslokal | |
renovieren wollen und sich zusehends zerstreiten, Hoffnungen und | |
Enttäuschungen aus der Zeit der damaligen Volksfront-Regierung | |
widerspiegelt (1. 3., 19 Uhr, [2][Kino Arsenal]). | |
Das mittlerweile zweite Berg-Filmfestival präsentiert das Babylon Mitte | |
dieser Tage (24. 2.-1. 3.) [3][unter dem Titel „Der Berg ruft“]. Kuratiert | |
von der Filmemacherin und Bergsteigerin Carla Braun-Elvert zeigt das | |
Festival vor allem Filme jüngeren Datums und widmet sich dabei den Themen | |
Klimawandel und – aus Anlass der Erstbesteigung vor rund 70 Jahren – einer | |
der größten Herausforderungen aller Alpinisten, dem Mount Everest mit | |
seinen 8848 Metern. | |
Und wer wäre da eher berufen, das Festival mit einem Vortrag und einem Film | |
zu eröffnen, als der wohl bekannteste lebende Bergsteiger, der Südtiroler | |
Reinhold Messner. Er spricht über seine Lebensphilosophie (Entschleunigung | |
und Nachhaltigkeit) und zeigt seinen Film „Mount Everest – Der letzte | |
Schritt“ (2018). | |
Er verknüpft 1978 entstandene Dokumentarszenen mit Doku-Spielszenen, um die | |
gefahrvolle Besteigung des Mount Everest durch Messner und seinen Begleiter | |
Peter Habeler ohne zusätzlichen Flaschensauerstoff nachvollziehbar zu | |
machen (24. 2., 19.30 Uhr, [4][Babylon Mitte]). | |
Jahreszeitlich betrachtet, liegt der Animationsfilm „Überflieger – Kleine | |
Vögel, großes Geklapper“ momentan nicht im Trend. Denn in dem Flm von Toby | |
Genkel und Reza Memari geht es um die große herbstliche Reise der Zugvögel | |
gen Süden. Problematisch ist das vor allem für Richard, einen von Störchen | |
aufgezogenen verwaisten Spatzen, dem bislang noch niemand gesagt hat, dass | |
er kein Storch ist und auf die Reise nach Afrika nicht mitkommen darf. | |
Natürlich macht er sich trotzdem auf den Weg. Die Figuren dieses | |
Vogelabenteuers sind so ungewöhnlich wie charmant und witzig; wer | |
allerdings einen Kinobesuch mit sehr kleinen Kindern in Erwägung zieht, | |
sollte wissen, dass der Film zur Spannungserzeugung immer wieder potenziell | |
tödliche Gefahren für die Hauptfiguren erzeugt (25. 2., 12 Uhr, 26.2., | |
11.45 Uhr, CinemaxX Potsdamer Platz). | |
23 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmvorfuehrung/la-belle-equipe-1758/ | |
[2] https://www.arsenal-berlin.de | |
[3] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/der-berg-ruft | |
[4] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/der-berg-ruft | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
## TAGS | |
Filmrezension | |
taz Plan | |
Kolumne Frisch gesichtet | |
Filmkritik | |
Filmrezension | |
Schwerpunkt Berlinale | |
taz Plan | |
Filmrezension | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kinoempfehlungen für Berlin: Psychedelisch in den Frühling | |
Im Babylon Mitte startet die Filmreihe „Great Britain Greatest“. Die | |
Hackeschen Höfe beenden den Winter mit der 35mm-Reihe ganz analog mit | |
Komödien. | |
Jennifer Reeders „Perpetrator“: Es wabert, blubbert und fließt | |
Jennifer Reeders Spielfilm „Perpetrator“ erzählt von einer jungen Frau, die | |
eine besondere Verbindung zu Blut hat. Er ist ein Höhepunkt der Berlinale. | |
Kinotipp der Woche: Tüfteln an Ruhr und Oder | |
Die Reihe „Fortschritt als Versprechen – Industriefilm im geteilten | |
Deutschland“ präsentiert Filme aus BRD und DDR über die Konstruktion der | |
Zukunft. | |
Filmempfehlungen für Berlin: Keine Routine | |
Dominik Grafs Doku über Autor:innen im NS fokussiert auf | |
Bücherverbrennung und Opportunismus. Bei Chantal Akerman geht es um | |
Mutterschaft und Prostitution. |