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# taz.de -- Aufklärung über Geburt: Aber Kaiserschnitt? Keine Ahnung
> Unsere Autorin war nach der Geburt ihres Kindes sauer. Weil die Geburt
> nicht so lief, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Bild: „Ist ja nicht gerade der Gotthard-Basistunnel da drin“
Als ich mein erstes Kind auf die Welt gebracht habe, war ich stinksauer.
Also nicht währenddessen, da war ich viel zu besorgt. Auch nicht direkt
danach, da war ich müde und traurig. Aber dann, einige Tage später, war ich
richtig sauer. Auf mich.
Denn [1][die Geburt lief nicht, wie ich mir das vorgestellt hatte]. Nach
einer medizinisch nötigen Einleitung und vielen Stunden Wehen musste mein
Kind dann doch einen anderen Ausgang nehmen. Die Entzündungswerte machten
der Oberärztin Sorgen. Kaiserschnitt.
Der Eingriff verlief gut, aber ich war erschrocken von der äußeren Kraft,
die nötig war, um das Kind aus mir rauszuholen. Eigentlich logisch, wenn
ein Baby eine Weile in eine Richtung will und dann in eine andere muss. Ist
ja nicht gerade der Gotthard-Basistunnel da drin. Währenddessen hatte ich
aber vor allem Angst.
Ich war wütend, weil ich mir so naiv vorkam. Was hatte ich erwartet? Und
wieso hatte ich mich nicht vorher informiert, wie ein Kaiserschnitt
abläuft? Ich recherchiere doch sonst alles. Der Schwangerschaftstest war
kaum trocken, da habe ich schon die embryonalen Entwicklungsstadien
studiert. Aber Kaiserschnitt? Keine Ahnung.
## Wütend auf mich, obwohl ich nichts falsch gemacht habe
Im sechsten Monat der Schwangerschaft besuchten wir einen
Geburtsvorbereitungskurs. Das ganze war sehr informativ, aber eben auch so
unangenehm, wie es ist, mit fremden Paaren sockentragend in einem Raum zu
sitzen, Atemübungen zu machen und die Anatomie des Gebärens zu betrachten.
Die Hebamme hatte ein Becken aus Plastik dabei und eine Puppe, die sie
immer und immer wieder in dieses Becken schraubte. Jedes Mal löste sich
dabei das Kreuzbein und plumpste aufs Parkett. Sie erklärte, was an
Geburtsverletzungen passieren kann. Verkniffene Gesichter. Aber
Kaiserschnitt? Keine Ahnung.
Sauer war ich auch, weil ich mir nach der Geburt Sorgen machte. Überall
stand, dass Kinder, [2][die per Kaiserschnitt entbunden werden, anfälliger
für Allergien sind.] Weil Bakterien, die sie bei einer vaginalen Geburt
aufnehmen würden, fehlten. Ihr Darmmikrobiom sei anders, ihr Immunsystem
schwächer. Der Gedanke, dass mein Kind alle Allergien kriegen könnte, die
ich habe – oder mehr –, machte mich traurig. Ich hatte das Gefühl, ihm
keinen guten Start gegeben zu haben. Was natürlich Quatsch ist, aber mit
Gefühlen und Hormonen lässt sich nicht rational verhandeln. Das ganze
dauerte ein paar Wochen. Und irgendwann konnte ich mir verzeihen, auch,
dass ich so wütend auf mich war, obwohl ich nichts falsch gemacht hatte.
Als ich nun gelesen habe, dass eine Studie aus den Niederlanden zeigt, dass
das Mikrobiom von Kindern, die per Kaiserschnitt entbunden wurden, auch
durch Kuscheln oder Stillen ausgeglichen werden kann, habe ich mich
trotzdem gefreut. Weil ein Stück mehr bewiesen ist, dass ein Kaiserschnitt
ein anderer, aber kein schlechterer Weg ins Leben ist. Schön wäre, wenn man
das auch in allen Geburtsvorbereitungskursen hören könnte.
14 Mar 2023
## LINKS
[1] /Schmerzen-bei-der-Geburt/!5268254
[2] /Vergabe-von-Antibiotika-bei-der-Geburt/!5863305
## AUTOREN
Saskia Hödl
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