| # taz.de -- Die Wahrheit: Irgendwas mit Partner | |
| > „Wer gar nichts wird, wird Betriebswirt“: Gewappnet mit historischen | |
| > Weisheiten der Vorfahren, hält die Arbeitswelt mannigfaltige Erfahrungen | |
| > bereit. | |
| Jetzt im Frühjahr sollten sich junge Menschen ernsthaft Gedanken über ihre | |
| Berufswahl machen. In der alten Zeit war man ja auf mündlich überliefertes | |
| Wissen angewiesen. Die Großeltern etwa informierten in Reimen: „Pastors | |
| Kind und Lehrers Vieh geraten selten oder nie.“ Unsere Lehrer hatten | |
| allerdings gar kein Vieh. Hilfreicher waren die Weisheiten meines Vaters: | |
| „Wer nichts wird, wird Wirt“ oder krasser: „Wer gar nichts wird, wird | |
| Betriebswirt“. Ergänzt von der Tante: „Ist ihm auch das nicht so gelungen, | |
| so macht er in Versicherungen.“ | |
| Gewappnet mit diesem Schatz an Knowledge ließ man mich den ersten Bürojob | |
| machen. Auf Anhieb schaffte ich es in den Rang einer Rezeptionistin einer | |
| großen Kanzlei. Die Besucher reichten mir ihre Visitenkarten und | |
| erwarteten, dass sie erwartet wurden. Das Telefon war schon erfunden, | |
| sodass ich bequem die jeweiligen Kontaktpersonen anrufen und den Besuch in | |
| die Besprechungszimmer dirigieren konnte. | |
| Asiatische Besucher hatten die besten Titel. Unter „President“ und „Chief | |
| Deputy Executive Director“ lief da gar nichts. Beeindruckend. So etwas | |
| wollte ich auch einmal werden. Doch noch war ich mit Bürobestellungen aller | |
| Art beschäftigt. Häufig wurde sich beschwert, dass der Seifenspender bei | |
| den Damentoiletten leer sei. Insgesamt etwas langweilig, interessant nur: | |
| im Laufe meiner Tätigkeit dort beklagte sich kein einziger Herr jemals über | |
| einen leeren Seifenspender. Keine Sorge, es war vor langer Zeit. | |
| Alles easy, bis eines Tages zwei etwas blasse, schweigsame Männer | |
| erschienen. Auf deren Karten stand „Partner“. Name der Firma waren drei | |
| schlichte Konsonanten, wahrscheinlich Versicherungsvertreter. Ich ließ sie | |
| am Gangende warten. Partner, hehe, so stellten manche Leute ihren Freund | |
| vor. Nach einer Weile entdeckte mein Chef sie und war hernach gar nicht | |
| mehr gut auf mich zu sprechen. Mein Aushilfsvertrag wurde stark verkürzt. | |
| ## Viel, viel zu teuer | |
| Warum? Weil „Partner“ Superchefs und Teilhaber von Beratungsfirmen im | |
| Wirtschaftsrecht sind. Die vier Wichtigsten werden fancy „the Big4“ genannt | |
| und Konzerne stehen Schlange, damit sie ihnen die Jahresbilanzen prüfen. | |
| Solche Experten erhalten Stundensätze von Hunderten von Euro und Extras. | |
| Natürlich hätte ich sie nicht warten lassen, wenn ich das gewusst hätte! | |
| Viel zu teuer. | |
| War übrigens immer recht lustig, wenn meine Tante sagte, dass sie die | |
| Berufe der jungen Leuten gar nicht mehr kapiere. Aber wer versteht die | |
| schon noch heute, in Zeiten des Homeoffice? Ist es ein Beruf, sich zu Hause | |
| eine Kamera auf den Mundraum zu richten und Sachen zu sagen, wie „gerne | |
| zeitnah“, „genießen Sie es“ und „am Ende des Tages“? | |
| Im Jobcenter würde ich bei Berufswünschen jedenfalls „irgendwas mit | |
| Partner“ angeben – und dann einfach mal so gucken, was offeriert wird. Im | |
| Rahmen des Fachkräftemangels und der Work-Life-Balance vielleicht ja | |
| wenigstens ein gemütliches Kuschelsofa für daheim. | |
| 14 Mar 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudia Römer | |
| ## TAGS | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Berufswahl | |
| Berufe | |
| Partnerschaft | |
| Jobcenter | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Die Wahrheit | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Die Wahrheit: Die singenden Schüsseln | |
| Chinesische Restaurants sind Oasen nicht nur des Essens, selbst wenn am | |
| Nachbartisch von geschäftstüchtigen Herren kräftig gedongt wird. | |
| Die Wahrheit: Im Namen liegt der Samen | |
| Schall und Rauch? Von wegen, Herr von Goethe! Noch besser ist es, wenn ein | |
| Bank-Chefchen heißt wie Barbies Mann. Dann fällt alles gleich leichter. | |
| Die Wahrheit: Immobilien, mon amour | |
| Wer von der eigenen WG genervt ist, sollte nicht kleckern, sondern klotzen! | |
| Die Bauwelt da draußen hat nämlich einiges zu bieten. | |
| Die Wahrheit: Auf ein Neues in der Häschenschule | |
| Geschafft! Fünf Minuten Fame für jeden Gast – und nicht nur für die | |
| üblichen Tischzampanos und -zampanas. Wie das geht, lesen Sie hier… | |
| Die Wahrheit: Finde das Fundbüro in dir | |
| Bevor sich dieser Text in vorweihnachtlichen Weihrauch auflöst: Was | |
| passiert, verliert man als Nicht-EU-Mensch in Hessen seinen Pass, lesen Sie | |
| hier. |