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# taz.de -- Die Wahrheit: Finde das Fundbüro in dir
> Bevor sich dieser Text in vorweihnachtlichen Weihrauch auflöst: Was
> passiert, verliert man als Nicht-EU-Mensch in Hessen seinen Pass, lesen
> Sie hier.
Bild: Kein Ort, um leicht ein Portemonnaie wiederzufinden: der Harz
Grau und November war es, als meine Nicht-EU-Nachbarin ihren Pass samt
eingedrucktem Visum für Deutschland verlor. Es musste auf dem Weg in die
Innenstadt passiert sein, als sie mal eben in der Tasche wühlte.
Ordnungsgemäß meldete meine Nachbarin den Verlust der Polizei. Sehr
wahrscheinlich, dass sich das Dokument schnell in einem Fundbüro
wiederfände, meinte man dort. Davon, klarer Fall, gibt es in einer halbwegs
großen Stadt wie Frankfurt am Main nicht nur eins.
Im ersten, dem „allgemeinen Fundbüro“, fühlte man sich nur für Dinge
jenseits des Personenverkehrs zuständig. Man gab uns einen Zettel mit
Telefonnummern „der wichtigen Stellen“. Der wahre Unterschied zwischen U-
und S-Bahn und Straße, erfuhren wir, besteht nicht in Schienen oder Zügen,
sondern einzig in den „dafür zuständigen Fundbüros“. Die letzte Zettelze…
war in winziger Schrift und lautete „Burn after reading“, aber ich hatte
meine Brille nicht auf.
Die S-Bahnen unterstehen der Deutschen Bahn. Also erst mal im
Bahnhofsfundbüro fragen. Am Hauptbahnhof war man entsetzt von unserem
Ansinnen. Nein, solch wichtige Dokumente wie einen Pass müssten sie „gleich
an die Polizei weitergeben“. Aber falls der Verlust in der U-Bahn
eingetroffen wäre, ja, dann sollten wir selbstverständlich bei der
Verkehrsgesellschaft Frankfurt nachfragen.
## „Finden“ in der Suchmaschine
Die U-Bahnen werden von einem riesigen, unterirdischen Reich namens
„Hauptwache“ aus regiert. In einem selten besuchten Seitenarm des
krakenartigen Gebildes dürfen abgegebene Pässe friedlich schlummern. Der
Mensch hinter dem Tresen lauschte unserem Gesuch, schlurfte zu
Plastikkästen und sah hinein: „Nein, hier ist nur ein australischer Pass.“
– „Und der bleibt einfach hier?“ Schulterzucken. Ob er wohl versteigert
wird? Gibt man „finden“ in die Suchmaschine ein, kommt übrigens „das Kind
in mir“, „Steuernummer“ und „Packstation“, genau in dieser Reihenfolg…
Die Nicht-EU-Nachbarin war neu in Frankfurt, musste sich anmelden. Stoisch
tippte man ihre Daten in den Computer. Ausdrucken wollte man ihr das
Resultat jedoch nicht, schließlich habe sie ja keinen Pass vorgelegt. Kurz
darauf wurde sie postalisch auf die Rundfunkbeiträge hingewiesen. Und dann
kam eine Mahnung, dass sie ihren Pass innerhalb von zwei Wochen beim
Einwohnermeldeamt zeigen solle. Was tun?
Nikolaus kam und ging, nichts passierte. Verreisen konnte die Nachbarin
auch nicht mehr. Überall herrschten strenge Kleinkönigreiche und
Fürstentümer der Sachbearbeitung. Wenig überraschend, dass Kontaktversuche
mit dem Ausländeramt ergebnislos verliefen. Überraschend war allerdings
dies: Vorgestern klingelte die Polizei bei meiner Nachbarin und brachte den
schmerzlich vermissten Pass. Ein echtes Weihnachtswunder. Wahrlich, ich
sage Euch: Dieser Text wird sich jetzt in Weihrauch auflösen!
20 Dec 2022
## AUTOREN
Claudia Römer
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