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# taz.de -- Haftstrafe für Letzte Generation: Klimaschützer in den Knast
> Das Amtsgericht Heilbronn verhängt Haftstrafen gegen zwei
> Aktivist:innen der Letzten Generation. Kurz darauf kleben die wieder
> auf der Straße.
Bild: Polizisten versuchen, den Sekundenkleber mit Speiseöl zu lösen
Freiburg im Breisgau taz | Der Plan von Amtsrichterin Julia Schmidt ging
nicht auf. Mit einer Gefängnisstrafe wollte sie zwei Aktivisten der
[1][Letzten Generation] beeindrucken. Doch kurz nach dem Urteil klebten
diese sich schon wieder auf einer Straße fest. Bundesweit erstmals hatte
das Amtsgericht Heilbronn [2][eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung für
Klimaschutzblockaden] verhängt.
Ingesamt standen am Montag fünf Aktivist:innen der Letzten Generation
vor Gericht. In der Heilbronner Innenstadt hatten sie einen Monat zuvor, am
6. Februar, eine Straße blockiert, um [3][zivilen Widerstand gegen die
Klimapolitik der Bundesregierung] zu leisten. Alle fünf wurden nun wegen
Nötigung der Autofahrer:innen verurteilt. Zwei von ihnen – Rüdiger
Eichholz und Daniel Eckert – erhielten sogar Freiheitsstrafen von zwei
respektive drei Monaten. Die anderen drei Aktivist:innen kamen mit
Geldstrafen von jeweils 60 Tagessätzen davon. Die Höhe der Tagessätze
ergibt sich aus dem jeweiligen Einkommen.
Eigentlich sieht das Strafgesetzbuch so kurze Freiheitsstrafen nur in
Ausnahmefällen vor. Dies muss gemäß Paragraf 47 zur „Einwirkung auf die
Täter“ unerlässlich sein. Bei kleineren Straftaten sind normalerweise
Geldstrafen vorgesehen. Den Ausnahmefall sah Richterin Schmidt, weil
Eichholz und Eckert schon einmal wegen einer Klimablockade verurteilt
worden waren und vor Gericht dennoch erklärten, an dieser Aktionsform
festhalten zu wollen. Letzteres erklärten zwar auch die anderen drei
Angeklagten, doch diese standen erstmals vor Gericht.
## Die positive Kriminalprognose fehlt
Im Fall von Eichholz und Eckert kam laut Gericht auch eine Aussetzung der
Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht in Betracht. Es fehlte eine positive
Kriminalprognose, da sie ja im Prozess schon die nächste Straßenblockade
ankündigt hatten.
Das Heilbronner Urteil fiel im beschleunigten Verfahren. Solche
Eilverfahren sind in der Strafprozessordnung schon seit Jahrzehnten
vorgesehen. Wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wird und der Fall
rechtlich einfach ist, soll die Strafe der Tat „auf dem Fuße folgen“.
Solche Schnellverfahren sind für die langfristig planende Justiz allerdings
aufwendig und deshalb unbeliebt. In einem Modellversuch haben daher mehrere
Amtsgerichte in Baden-Württemberg zusätzliches Personal erhalten, um mehr
beschleunigte Verfahren durchführen zu können. Seit dem 1. Januar 2023
gehört auch das Amtsgericht Heilbronn dazu. Dass im konkreten Fall zwischen
Blockade und Verurteilung vier Wochen lagen, ist allerdings eher
mittelschnell.
Direkt nach der Gerichtsverhandlung klebten sich drei der fünf
Verurteilten, darunter Eichholz und Eckert, erneut auf einer Heilbronner
Straße fest. Nachdem die Polizei die Personalien aufnahm, konnten alle
Aktivist:innen wieder nach Hause gehen. Diesmal hatten sie keine
sofortigen neuen Blockaden angekündigt. Sonst wäre ein Präventivgewahrsam
auf Grundlage des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg möglich gewesen.
Bundesweit wurden schon Dutzende Klimaaktivist:innen für ihre
Beteiligung an Straßenblockaden zu – milden oder deftigen – Geldstrafen
verurteilt. Nur in wenigen Einzelfällen sprachen Gerichte die Blockierenden
frei, weil die Nötigung von Autofahrer:innen zum Ziel des
Klimaschutzes passe und nicht verwerflich sei.
8 Mar 2023
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## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Gerichtsurteil
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Protest
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Nancy Faeser
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