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# taz.de -- Korruption, Investitionsstau, Niedriglöhne: Deutschland, einig Ban…
> Filz, das war mal Markenzeichen der CDU/CSU. Jetzt mischt auch SPD vorne
> mit. Deutschland ist auf dem Weg, Europas abgewetztes Sofa zu werden.
Bild: Schlimme Sache, Deutschland ist auf dem Weg, Europas abgewetztes Sofa zu …
Eine Finanzbeamtin verbrennt Steuerunterlagen im Kamin einer Angehörigen.
Der Finanzminister wusste Bescheid, hat aber niemandem was gesagt. Als
andere das rauskriegen, behauptet er, die Kollegin vor einem medialen und
öffentlichen Lynchmob beschützt haben zu wollen.
Die Klimastiftung steht im Verdacht, Steuern in Millionenhöhe hinterzogen
zu haben und eine Tarnorganisation für russische Geschäfte zu sein. Die
zuständige Landeschefin (SPD) steht im Verdacht, in der Causa nicht
gänzlich kenntnisfrei gewesen zu sein.
Der Chef des ganzen Landes (SPD) steht im Verdacht, eine
[1][Steuerhinterziehung] in zweistelliger Millionenhöhe begünstigt zu
haben. Eine zentrale Rolle darin spielen ein Terminkalender und
Tagebucheinträge, die zwar nicht verbrannt, aber aus dem Gedächtnis
gelöscht wurden.
In der Hauptstadt dieses Landes wird die Wahl wiederholt, weil quasi nichts
mit rechten Dingen zuging und niemand Verantwortung übernimmt. Die
Bürgermeisterin (SPD) [2][verliert die Wiederholungswahl], will aber hinter
einem Jungen aus der Vorstadt Schattenchefin werden.
Im katholischen Teil des Landes durchsucht eine halbe Hundertschaft ein
Rathaus, weil der seit fast 20 Jahren regierende Chef (SPD) im Verdacht
wegen Untreue steht. Er bleibt im Amt.
## Filz wie in Süditalien
Man könnte meinen, diese Szenen stammten aus einem Politthriller von John
le Carré, einer südamerikanischen oder süditalienischen Serie über den Filz
aus Dealern, Politikerin und Beamten. Aber nein, sie spielen in
Deutschland.
Es gab Zeiten auch in dieser Zeitung, da standen, wenn von Schmiergeldern
die Rede war, immer nur CDU und CSU in den Klammern hinter den Namen. Nur
bei denen witterte – und fand man – bisher Bargeld in Schließfächern und
eine viel zu enge Verflechtung von Politik und Privatwirtschaft. Längst
steht aber auch die SPD im Korruptionswahrnehmungsindex an vorderer Stelle.
Immer noch gilt Deutschland als sauberes Land, Korruption ist nichts, was
bei uns passiert. Wenn überhaupt, dann als Abweichung vom normalen
Geschäftsablauf, als individuelles Fehlverhalten, als Tat finsterer
Menschen mit Messern zwischen den Zähnen. Dabei gehört Korruption zum
Kapitalismus wie das Privateigentum an Produktionsmitteln, gehört die
„kreative Buchführung“ zum Alltag der Old und New Economy, kommen sich
Politik und Privatwirtschaft nicht nur in der Regierungsmaschine nach
Peking oder Katar näher.
## Das Land der Erfinder und Ingenieure
Zum Bild von Deutschland, einig Sauberland, gehört der Glaube an das Land
der Erfinder und Ingenieure: In Deutschland kommt der Bus pünktlich, haben
Straßen keine Löcher, stürzen keine Häuser ein und brennen keine
Bibliotheken ab. Von wegen. Wo anderswo Stadtautobahnen zu Fahrradtrassen
und Kanälen für Kajakfahrer rückgebaut werden, werden hier weiter Schneisen
durch Wohngebiete geschlagen.
Selbst durch Italien fahren mittlerweile stündlich
Hochgeschwindigkeitszüge, während der für 2030 geplante „Deutschlandtakt“
der DB gerade auf 2070 verschoben wurde. Beim Anblick des Balkens auf dem
Handy trauen Touristen ihren Augen nicht: Praktisch überall hier ist das
Internet nur eingeschränkt verfügbar.
Niedriglöhne, Fachkräftemangel, Investitionsstau – Deutschland ist auf dem
Weg, Europas abgewetztes Sofa zu werden. Der verschlissene Stoff sollte
aber nicht täuschen: Deutschland, einig Bananenrepublik. Da können die
Compliance-Regeln noch so säuberlich überall aufgehängt werden. Compliance
ist Schminke, Korruption ist ein Schwerverbrechen. Um das klarer zu machen,
bräuchte es viel mächtigere Korruptionsbeauftragte, solche ohne
Gedächtnislücken und Angehörige mit Kamin.
4 Mar 2023
## LINKS
[1] /Kanzleramtschef-im-Cum-Ex-Ausschuss/!5885016
[2] /Koalitionspoker-in-Berlin/!5919480
## AUTOREN
Doris Akrap
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