| # taz.de -- Computerspiel „Atomic Heart“: Back in the USSR | |
| > In „Atomic Heart“ kämpfen sich Spielende durch retrofuturistische | |
| > Sowjetlandschaften. Unter der schicken Oberfläche lauern Abgründe. | |
| Bild: Die retrofuturistische Utopie | |
| Die strahlende Zukunft ist da: Im Jahr 1955 in der Sowjetunion ist eine nie | |
| versiegende Energiequelle gefunden, Roboter übernehmen alle Arbeit, die | |
| Menschen machen dank neuronaler Implantate in Sekunden ihren Physikdoktor, | |
| Städte schweben im Himmel, der Kommunismus ist zum Greifen nah. | |
| Das ist das Setting des Games des Jahres, „Atomic Heart“, das für Windows, | |
| Playstation und Xbox erhältlich ist. Natürlich bleibt es nicht bei [1][der | |
| retrofuturistischen Atomzeitalter-Utopie]. Die sowjetischen Wissenschaftler | |
| wollten gerade den letzten Schritt gehen und alle Menschen mit Implantaten | |
| zu einem Kollektiv 2.0 zusammenschließen, als der Plan kräftig schiefgeht: | |
| Ein Verräter hackt sich in den Code und lässt die Roboter durchdrehen, die | |
| alles niedermetzeln. Mit allerlei Waffen und von einem Spezialhandschuh | |
| verliehenen Superkräften kämpft man sich durch atemberaubende | |
| UdSSR-Sci-Fi-Landschaften, versteckte Labore und stalinistische | |
| Architektur, um den Übeltäter zur Strecke zu bringen und die Utopie | |
| wiederauferstehen zu lassen. | |
| ## Boykottaufruf ukrainischer Aktivisten | |
| Nur: Auf dem Weg lernen wir, dass unter der makellosen Oberfläche dieses | |
| stalinistischen Science-Fiction-Paradieses Abgründe lauern. Allein für das | |
| Design dieser Welt lohnt sich das Spiel. Die ausufernden futuristischen | |
| Städte ebenso wie die Spielmechanik mit zu erlernenden Superkräften sind | |
| offensichtlich an das epochemachende Game „Bioshock“ angelehnt, das ja auch | |
| in einer gescheiterten retrofuturistischen Utopie der 50er spielte – dort | |
| aber mit kapitalistischer Grundierung eines Ayn-Rand-Albtraums statt einer | |
| realsozialistisch gefärbten Sci-Fi-Fantasie. Auch Rätselelemente, die | |
| „Portal“ entlehnt zu sein scheinen, bereichern „Atomic Heart“. | |
| Dass das Game von einem in Russland gegründeten Studio entwickelt wurde, | |
| das heute auf Zypern beheimatet ist, hat für Kritik gesorgt. Manche | |
| ukrainische Aktivisten riefen zum Boykott auf. Dabei waren an der | |
| Entwicklung über 130 Menschen aus vielen Ländern beteiligt. Ohnehin sollte | |
| man nicht [2][jeden Ausdruck russischer Kultur] für die politischen | |
| Bedingungen verantwortlich machen. Insbesondere, wenn er sich wie bei | |
| „Atomic Heart“ kritisch mit russischem Nationalismus auseinandersetzt – u… | |
| beim Zocken so viel Spaß macht. | |
| 26 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Caspar Shaller | |
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