# taz.de -- Ausverkauf des Fußballs: Die Bösen in der nächsten Etage | |
> Der deutsche Fußball öffnet sich weiter für Private-Equity-Firmen, aber | |
> schuld an bedenklichen Entwicklungen sind immer die anderen. | |
Bild: Fan-Präsident Kay Bernstein soll den Weiterverkauf des Vereins vorantrei… | |
Kürzlich war ich auf einer Veranstaltung, wo der Fußball sich mal wieder | |
selbst beklatschte. Wie wichtig er sei für Demokratie, politische Bildung | |
und so weiter. Anschließend sagte mir ein Union-Berlin-Beteiligter | |
sinngemäß: „Vieles im Fußball läuft falsch, aber unser Klub schafft es ja | |
noch, anständig zu sein.“ Es ist ein Satz, den ich in unzähligen Varianten | |
gehört habe. | |
[1][Der böse Fußball] ist der andere. Das finden sogenannte Amateurklubs, | |
auch mit Investor-Präsident („die Profis da oben“), das finden Frauen („… | |
Männer und ihr irres Business“), das finden Männer-Zweitligisten („bei uns | |
ist es ja noch okay“). Und für Männer-Erstligisten sind die entrückten | |
Irren die Premier League, Katar oder die Fifa. | |
Ein gescheitertes System, bei dem wundersamerweise gar niemand mitmacht – | |
und wenn, dann nur widerwillig wegen denen da oben. Vor allem lieben die | |
Deutschen ihre Stellvertreter-Aufreger. Die Klub-WM nach Saudi-Arabien, | |
schlimm. Eine Branche, die sich nicht darum schert, [2][unter welchen | |
menschenrechtswidrigen Bedingungen Frauen] in Textilfabriken ihre Rendite | |
sichern, will die arabische Frau befreien. | |
Also jene am Golf, nicht die bei der Klub-WM in Marokko, Marokko ist ja | |
kein Rivale. Ein anderer Ausverkauf wird derweil fast unbemerkt | |
vorangetrieben. Wie der Kicker vermeldete, hat die DFL jetzt sechs | |
Private-Equity-Unternehmen in der engen Auswahl, größtenteils aus den USA, | |
um Mehreinnahmen bis zu 3 Milliarden Euro zu sichern. Die Begründung, wie | |
üblich: Schuld ist die Premien League. | |
## Trend zu Klub-Konglomeraten | |
Die stille Einflussnahme durch zweifelhafte US-Konzerne nimmt an Fahrt auf: | |
Bremen lehnte gerade in letzter Minute ein Angebot einer | |
US-Investorengruppe ab, sucht aber weiter nach einem Investor (schuld sind | |
die finanzstärkeren Klubs); Hertha brüstet sich zwar [3][mit demokratischem | |
Fan-Präsidenten], doch der treibt derzeit den Weiterverkauf an den | |
US-Investor 777 voran, der ein ganzes Portfolio an Klubs pflegt. | |
Der Trend geht zu Klub-Konglomeraten. Bezahlt von Firmen, die fatale | |
Investitionen tätigen (Luftfahrt, Regenwald-Abholzung, Glücksspiel und | |
eigentlich alles) und gern vor allem „Kosten senken“. Die Profite aus | |
gesellschaftlichen Schäden fließen weiter in die Taschen einzelner | |
männlicher Fußballer. Der Aufschrei bleibt aus. | |
Die Lösungen liegen dabei auf der Hand: Ein eigener Wettbewerb mit | |
demokratisch ausgehandelten Geldmitteln, mit Tabellenpunkten auch für | |
ethische und soziale Leistung statt nur für Siege, mit einem Plan für | |
Fußballzentren weltweit statt Machtkonzentration in Westeuropa und | |
rechtlichen Grenzen gegen ökonomische und ökologische Gewalt. Aber dafür | |
müsste man halt aufhören, ständig die Verantwortung abzuwälzen. | |
19 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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