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# taz.de -- Geplante Asylunterkunft in Leipzig: Lauter Protest gegen rechts
> Die Stadt Leipzig will in Stötteritz eine Notunterkunft für Geflüchtete
> errichten. Vor Ort gab es nun Proteste – für und gegen die Unterkunft.
Bild: Provisorium: Weil Wohnraum fehlt, bringt die Stadt Leipzig Geflüchtete i…
Leipzig taz | „Wir werden es nicht hinnehmen, wenn Leute in Leipzig gegen
Geflüchtete hetzen und die Menschlichkeit verraten“, sagt der Leipziger
Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek am Sonntagmorgen in ein Mikro. Er steht auf
einer Rasenfläche im Leipziger Stadtteil Stötteritz, zusammen mit rund 80
Menschen, darunter Studierende, Rentner:innen und Familien mit Kindern.
Ein sieben Jahre altes Mädchen hält eine Anti-Nazi-Fahne in der Hand, eine
Frau ein Plakat, auf dem „FCK AFD“ steht. Auf dem Rasen liegen meterlange
Banner mit Aufschriften wie „Recht und Sicherheit für Refugees“ oder
„Flüchtlinge Willkommen“.
Kasek und die anderen Demonstrierenden sind gekommen, um für die in
Stötteritz geplante Geflüchtetenunterkunft zu protestieren – und gegen die
rechte Versammlung, die zeitgleich auf der anderen Straßenseite
stattfindet.
Nur wenige Meter von der linken Demo haben sich knapp hundert Menschen zu
einer „kurzen Lagebesprechung“ verabredet – so wurde das Treffen in dem
rechten Telegram-Kanal „Stötteritz steht auf“ im Vorfeld angekündigt. Sie
wollen nicht, dass die Stadt Leipzig hier eine Unterkunft für Geflüchtete
errichtet.
## AfD heizt Protest an
An der rechten Versammlung nehmen überwiegend Rentner:innen teil. Eine
Demonstrantin schwingt eine kleine Deutschland-Fahne, ein Mann mit weißem
Bart und schwarzer Mütze sagt über die linke Gegen-Demo: „Die Menschen da
drüben werden von der Politik instrumentalisiert.“
Auch Marius Beyer, der für die AfD im Leipziger Stadtrat sitzt, ist
gekommen. Er ist einer von mehreren AfD-Politiker:innen, die den Protest
gegen die geplante Geflüchtetenunterkunft in Stötteritz maßgeblich
anheizen. Beyer ist der Ansicht, dass die Unterkunft „den örtlichen
Gesellschaftsfrieden“ sowie die „Sicherheit in der Nachbarschaft“ gefähr…
„Stichwort Ausländerkriminalität“. Die Leipziger AfD lehnt die
Asylunterkunft in Stötteritz strikt ab.
Die Teilnehmer:innen des linken Protestes wollen nicht akzeptieren,
dass Rassismus und Menschenfeindlichkeit in Leipzig verbreitet werden. „Ihr
könnt euch daran gewöhnen, wir sind da und werden wiederkommen“, ruft Kasek
zu den Rechten auf der anderen Straßenseite. Die linken Demonstrierenden
applaudieren.
Obwohl nach Angaben der Polizei 100 Menschen an dem rechten und 80 an dem
linken Protest teilgenommen haben, ist der linke Protest deutlich lauter.
Als die Rechten beginnen, „Wir sind das Volk“ zu skandieren, rufen die
Linken mehrmals „Haltet die Fresse“ und übertönen die anderen binnen
weniger Sekunden. Während die Linken Boxen mitgebracht haben und
musikalisch von der Dresdner Band „Banda Comunale“ unterstützt werden, die
live Blasmusik spielt, haben die Rechten nicht mal ein Mikrofron dabei.
## Kritik an Unterkunft auch von Links
Zum Schluss der linken Versammlung hält Marco Rietzschel vom Aktionsbündnis
„Leipzig nimmt Platz“ eine Rede. Er fordert die Stadt Leipzig dazu auf, die
Geflüchteten dezentral unterzubringen statt – wie in Stötteritz geplant –
in Zelten für bis zu 330 Menschen. „Es gibt immer noch einen relativ großen
Anteil an leerstehenden Wohnungen in dieser Stadt. Es ist menschenunwürdig,
hier Wochen oder Monate in irgendwelchen Zelten am Stadtrand übernachten zu
müssen, nur weil es die Stadtverwaltung nicht geschafft hat, mal ein
bisschen längerfristig zu planen.“
Auch Juliane Nagel, die asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion im
sächsischen Landtag, kritisiert die Art der Unterbringung. Auf Twitter
teilte sie am Samstag mit: „Rassistischer Stimmungsmache muss widersprochen
werden, das ist klar & notwendig. Ich zweifele allerdings ob die Errichtung
eines (weiteren) Zeltlagers für Schutzsuchende wie in #Stötteritz wirklich
eine gute, humane Lösung ist.“
Wie die Stadt Leipzig auf ihrer Webseite mitteilt, seien mittlerweile alle
Plätze in bestehenden Gemeinschaftsunterkünften belegt. Zusätzliche Plätze
würden dringend benötigt. „Das Sozialamt sucht in der ganzen Stadt nach
geeigneten Häusern und Flächen.“ Nach Angaben der Stadt werden in
Stötteritz Zelte und Container errichtet, Die ersten Geflüchteten sollen
voraussichtlich im März einziehen. Die Zeltunterkunft werde nur
vorübergehend genutzt – bis genügend Plätze in Häusern verfügbar sind.
Schon seit Wochen finden in Sachsen [1][rassistische Proteste gegen
Asylunterkünfte] statt, die die Landkreise und Städte angesichts der
steigenden Geflüchtetenzahlen errichtet haben oder errichten wollen – etwa
in Chemnitz-Einsiedel, Dresden-Sporbitz, Kriebethal, Laußig oder
Leipzig-Lindenthal.
Für Dienstag rufen die rechtsextremen „Freien Sachsen“ zu einem Protest in
der Kleinstadt Böhlen auf, die südlich von Leipzig liegt. Dort will der
Landkreis Leipzig eine Geflüchtetenunterkunft auf dem Gelände einer
ehemaligen Poliklinik errichten.
5 Feb 2023
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Gefluechtete-in-Sachsen/!5913083
## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
Schwerpunkt AfD
AfD Sachsen
Asylsuchende
GNS
Flucht
Schwerpunkt Neonazis
Demonstration
Schwerpunkt Rassismus
Verschwörungsmythen und Corona
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