# taz.de -- IT-Sicherheit nach Hackerangriff: Hochschulen sind Cyber-Freiwild | |
> Der Hamburger Rechnungshof kritisiert Sicherheitsprobleme im IT-Bereich | |
> der Hochschulen. Die verweisen auf Personalprobleme beim IT-Personal. | |
Bild: Auch von hier aus sucht man nach dem raren Gut IT-Expert:in: Gebäude der… | |
HAMBURG taz | Laut [1][Hamburger Rechnungshof] hat der IT-Bereich der sechs | |
staatlichen Hochschulen ein erhebliches Sicherheitsproblem: Sie alle haben | |
das Grundschutzkonzept des Bundesamts für Sicherheit in der | |
Informationstechnologie nicht oder nur teilweise umgesetzt. Damit gehen sie | |
ein Risiko ein, das sie zu potentiellen Opfern von Hackerangriffen macht: | |
An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) können die 16.879 | |
Studierenden und mehr als 1.400 Mitarbeitenden seit einem Cyber-Angriff im | |
Dezember 2022 im „digitalen Lockdown“ ihre E-Mail-Hochschulkonten nicht | |
nutzen, zwischenzeitlich kam es zu einem kompletten digitalen „Lockdown“, | |
wie die Sprecherin der HAW, Katharina Jeorgakopulos, sagt. | |
Seitdem arbeitet sich die Hochschule in mühsamer Kleinarbeit zurück. Alle | |
Daten und E-Mails müssen vor der weiteren Nutzung überprüft werden. Zur | |
Attacke bekennt sich die [2][Hackergruppe „Vice Society“]. Ein Sprecher der | |
HAW schreibt auf Anfrage der taz, dass inzwischen wesentliche IT-Bereiche | |
wieder in Betrieb sind: Das Bewerbungsportal funktioniert wieder, auch das | |
WLAN und die Telefonie konnten wieder in Betrieb genommen werden. | |
Glaubt man dem Rechnungshof, so war der Erfolg einer solchen Attacke | |
absehbar: „Die bei der Einführung von IT-Verfahren erforderlichen Tests und | |
Freigaben haben die Hochschulen nicht durchgeführt, was einen sicheren und | |
verlässlichen Betrieb ebenfalls gefährdet“, heißt es im Jahresbericht. | |
„Auch das für die Buchhaltung der Hochschulen eingesetzte SAP-Verfahren war | |
nur unzureichend geschützt“. | |
Ein HAW-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, | |
sieht die Schuld bei der Politik. Es brauche mehr Stellen und diese müssen | |
besser bezahlt werden. Die IT-Abteilung an der Hochschule sei unterbesetzt. | |
Die Arbeitslast werde derzeit auf zu wenige Schultern verteilt. Außerdem | |
seien die Stelle zu gering bezahlt. Potenzielle Arbeitnehmende würden sich | |
eher für die Privatwirtschaft entscheiden – dort sei das Dreifache an | |
Gehalt üblich. | |
## Überlastung trotz neuer Stellen | |
Die Antwort des Hamburger Senats auf eine Kleine Anfrage der CDU bestätigt | |
diesen Eindruck: Im IT-Departement der HAW arbeiten derzeit 40 | |
Mitarbeitende. Acht Stellen bleiben unbesetzt. Weiter heißt es vom Senat: | |
„Die HAW hat als Reaktion auf einen 2018 festgestellten personellen | |
Mehrbedarf“ die personelle Ausstattung des IT-Service-Center „prioritär | |
berücksichtigt und zusätzliche Stellen geschaffen“. Dennoch gab es | |
Überlastungsanzeigen. | |
Zu wenig Personal hat offenbar auch die Universität Hamburg. Derzeit | |
arbeiten über 115 Vollzeitbeschäftigte in deren Rechenzentrum. Doch die | |
Stellen sind schwierig zu besetzen, wie der Sprecher des Hamburger | |
Unipräsidenten, Alexander Lemonakis, auf taz-Anfrage schreibt: „Die | |
Universität Hamburg sieht sich im IT-Bereich der Herausforderung gegenüber, | |
Stellen im Rahmen des TV-L qualifiziert zu besetzen, da die Gehaltsschere | |
zur Wirtschaft hier weit auseinander geht.“ Hinzu komme der allgemeine | |
IT-Fachkräftemangel. Aktuell sind mehrere Stellen ausgeschrieben. In den | |
kommenden Jahren will die Uni den IT-Bereich dennoch ausbauen, insbesondere | |
die Informationssicherheit. | |
Laut HAW braucht es für eine Verbesserung der Situation vor allem eines – | |
Geld, sprich „eine auskömmliche Finanzierung, um unsere IT-Infrastruktur zu | |
erweitern und resilienter zu machen“. Nach der Schadenserhebung will die | |
Hochschule das Gespräch mit der Wissenschaftsbehörde suchen. Die zeigt sich | |
reserviert und verweist auf die Budgethoheit der Hochschulen. „Die | |
Hochschulen verfügen über ein Globalbudget, über das sie frei und autonom | |
ohne behördliche Einflussnahme verfügen. Dies umfasst auch Investitionen in | |
die IT-Infrastrukturen.“ | |
## Hochschulen geben sich zuversichtlich | |
Trotz der schwierigen Personallage geben sich alle Hochschulen | |
zuversichtlich, für künftige Hacker-Angriffe gewappnet zu sein: Die | |
Sprecher von TU und des Präsidenten der Uni Hamburg verweisen auf | |
Notfallpläne für einen solchen Fall. „Die Hamburger Hochschulen haben die | |
eigenen Systeme aufgrund der ausgetauschten Erkenntnisse untersucht und tun | |
dies auch weiterhin mit jeder neu aus dem Vorfall an der HAW gewonnenen | |
Analyse“, schreibt Alexander Lemonakis von der Uni Hamburg. | |
Die Bedingungen für diese Aufbauarbeit scheinen nicht rosig. „Einzelne der | |
vom Rechnungshof in Augenschein genommenen Technikräume waren in einem | |
provisorischen und unprofessionellen Zustand“, heißt es nämlich in dessen | |
Bericht. „Die Fragmentierung der IT-Aufgaben in den Hochschulen und die | |
Mängel in der Aufgabenwahrnehmung zeigen, dass die Hochschulen stellenweise | |
an die Grenzen dessen gelangen, was sie ordnungsgemäß erledigen können.“ | |
Und schließlich: Keine der Hamburger Hochschule habe die Frage, ob es | |
wirtschaftlich sei, weite Teile der IT-Aufgaben in eigener Regie zu | |
erledigen, zufriedenstellend beantworten können. | |
14 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hamburg.de/jahresberichte/16861824/rechnungshof-jahresbericht-2… | |
[2] https://www.it-daily.net/it-sicherheit/cybercrime/ransomware-gruppe-the-vic… | |
## AUTOREN | |
Malek Tellissi | |
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
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