# taz.de -- Südkoreanische Geistliche Lim gestorben: Trauer um Regenbogen-Past… | |
> Von der queeren Community wurde Lim Bora gefeiert, von anderen | |
> angefeindet. Nun ist die Geistliche, die eine LGBT-Gemeinde aufbaute, | |
> gestorben. | |
Bild: „Die koreanische Kirche ist konservativer als in fast allen anderen Lä… | |
PEKING taz | Lim Bora war keine gewöhnliche Pastorin. Manchmal diente ihr | |
lediglich eine Zeltplane als Kirchensaal, ein Plastikstuhl wurde zum Altar. | |
Wenn etwa die Fabrikarbeiter in Seoul zum Hungerstreik aufriefen, | |
organisierte Lim in Windeseile einen Solidaritätsgottesdienst auf offener | |
Straße – in weißem Talar und regenbogenfarbener Stola gekleidet. Auch | |
Minustemperaturen im zweistelligen Bereich konnten sie nicht davon | |
abhalten, sich für die Schwachen innerhalb der Gesellschaft einzusetzen. | |
Sie wurde zu einer Heldenfigur der südkoreanischen Zivilgesellschaft. | |
Und als erste Geistliche des Landes setzte sie sich offen für die Rechte | |
sexueller Minderheiten ein. Sie gründete eine LGBT-Gemeinde, die vor allem | |
jenen jungen Menschen Zuflucht und Halt bot, die von den meisten | |
konservativen Kirchen wie Aussätzige behandelt wurden. Zudem setzte sich | |
Lim Bora öffentlich für Menschen mit Behinderung ein, demonstrierte für | |
einen besseren Tierschutz und marschierte gegen einen geplanten | |
Marinestützpunkt auf der südlichen Insel Jeju. | |
Schon während ihres Theologie-Studiums zog sie Mitte der 1980er Jahre im | |
Zuge der Demokratiebewegung für freie Wahlen auf die Straße, legte sich mit | |
Professoren an und lieferte sich auch Straßenschlachten mit den | |
Sicherheitskräften des Regimes. Zu jener Zeit erkannte sie laut eigener | |
Aussage, dass Gottes Glauben nicht nur individuell wirkt, sondern immer | |
auch die gesellschaftlichen Zusammenhänge erfassen muss. | |
„Die koreanische Kirche ist konservativer als in fast allen anderen Ländern | |
der Welt“, sagte sie einmal im Interview: „Immer wieder hat sie Feindbilder | |
kreiert, um die eigene Gemeinschaft zusammenzuschweißen.“ Eines dieser | |
Feindbilder ist laut Lim die LGBT-Gemeinde, dargestellt als Ursache und | |
Sinnbild gesellschaftlichen Verfalls. | |
Lim Boras 2013 gegründete Soemdol-Hyangrin-Kirche in Seoul richtet sich | |
gezielt an die [1][queere Community]. Die meisten Gemeindemitglieder führen | |
ein Doppelleben vor ihren Eltern und Arbeitskollegen. Das Engagement der | |
Pastorin wurde von der LGBT-Gemeinschaft gefeiert, doch von den meisten | |
kirchlichen Gruppen verdammt. Fast täglich hat Lim Bora Hassmails und | |
Drohanrufe konservativer Christen bekommen. Vom mächtigsten Zusammenschluss | |
presbyterianischer Kirchen wurde sie 2017 gar der Ketzerei beschuldigt. | |
Am Wochenende ist Lim Bora mit nur 55 Jahren verstorben. Am Samstagmorgen | |
fand die Polizei ihren leblosen Körper, nachdem Familienangehörige eine | |
Vermisstenanzeige aufgegeben hatten. Details zu den Todesumständen sind | |
bislang, auch aus Rücksicht auf die Privatsphäre der Hinterbliebenen, nicht | |
bekannt. Lim Bora hinterlässt einen Ehemann und zwei Töchter. | |
6 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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