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# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Die Zukunft von gestern und heute
> Im Lichtblick stellt Heinz Emigolz seinen Film „Schlachthäuser der
> Moderne“ vor. Und auch „Crimes of the Future“ erzählt von der schönen
> neuen Welt.
Bild: „Schlachthäuser der Moderne“, 2022, Regie: Heinz Emigholz
Ausgehend von der Doppeldeutigkeit des Filmtitels (kann laut Regisseur auch
heißen: „Häuser, in denen die Moderne geschlachtet wird“) entwirft Heinz
Emigholz in seinem Essayfilm „Schlachthäuser der Moderne“ eine
Argumentationskette, die von den Schlachthäusern, die der Architekt
Francisco Salamone Ende der 1930er Jahre in den ländlichen Gebieten
Argentiniens im Stil einer Unterdrückungsarchitektur mit Art-déco-Elementen
erbauen ließ, bis zur (Teil-)Wiedererrichtung des preußischen
Stadtschlosses in Berlins Mitte (Emigholz: „Da wurde im wahrsten Sinne Mist
gebaut“) reicht.
Zwischendrin wird über deutsche Nazis in Südamerika, die Kolonialpolitik
des präfaschistischen deutschen Kaisers Wilhelm II. und die kitschigen
Bauten des bolivianischen Architekten Freddy Mamani Silvestre nachgedacht.
Letzterer baut in El Alto Häuser für eine neureiche Oberschicht der Aymara,
der größten indigenen Volksgruppe Boliviens, und dient hier aufgrund seiner
kompletten Negierung kolonialer Einflüsse als wahrhaft leuchtendes (oder
eher: besonders glitzerndes) Beispiel.
Emigholz’ Vorschlag: Das „Stadtschloss“ wieder abreißen und stattdessen
einen Silvestre-Bau für das Humboldt-Forum hinstellen. Regisseur Heinz
Emigholz ist zur Vorstellung am 24. 1. im Lichtblick-Kino als Gast geladen
(21. 1., 17:30 Uhr, 22. 1., 18:30 Uhr, 24. 1., 20 Uhr, [1][Lichtblick
Kino]).
Schöne neue Welt: Der Leiter des streng geheimen National Organ Registry
und seine Kollegin durchforsten den Körper des Performancekünstlers Saul
Tenser mit endoskopischen Kameras und sind dabei ganz begeistert von den
neuen Organen, die dieser sich wachsen lässt. Denn das ist in David
Cronenbergs „Crimes of the Future“ Teil der Weiterentwicklung der
Menschheit in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der es keine Infektionen
und keinen Schmerz mehr gibt.
Es sei denn, man will wie Tenser (Viggo Mortensen) den Schmerz als Teil der
Performances, bei denen er sich die neuen Organe von der ehemaligen
Trauma-Chirurgin Caprice (Léa Seydoux) dann wieder entfernen lässt.
David Cronenbergs Filme haben stets etwas grundsätzlich Ungemütliches und
sind zugleich total faszinierend, weil man seit den Anfängen des Kanadiers
als Filmemacher in den 70er Jahren darin immer wieder die ansteckende
Begeisterung für außer Kontrolle geratene Biologie, die Verschmelzung von
Maschinen und Menschen und merkwürdige chirurgische Instrumente
herausspürt.
In „Crimes of the Future“ geht das zwar letztlich mit mehr philosophischen
Fragen als blutigem Horror einher, aber richtig schön ungemütlich ist es
trotzdem (19. 1., 22.–23. 1., 22:45 Uhr, [2][B-ware! Ladenkino]).
Jeanne d’Arc oder die heilige Johanna von Orléans, wie sie bei uns heißt,
ist von jeher eine äußerst beliebte Figur in Theater und Film. Da ich mich
für kriegerische, religiöse Fanatikerinnen allerdings nie sonderlich
erwärmen konnte, blieb mir die Faszination für diese historische Figur
eigentlich immer verwehrt. Gleichwohl muss es ja Aspekte geben, die
Künstler:innen auch 600 Jahre nach Jeannes feurigem Tod immer noch
inspirieren.
In „Die Passion der Jungfrau von Orléans“ (1928) nutzt Regisseur Carl
Theodor Dreyer, dessen Filme häufig von religiösen und metaphysischen
Themen geprägt sind, das Thema zur Erkundung des expressiv leidenden
Gesichts von Hauptdarstellerin Maria Falconetti sowie der Charakterköpfe
von Jeannes Peiniger und Richter in ruhigen Großaufnahmen (22. 1., 18:15
Uhr, [3][Babylon Mitte]).
19 Jan 2023
## LINKS
[1] https://lichtblick-kino.org/schlachthaeuser-der-moderne/
[2] https://ladenkino.de/
[3] https://babylonberlin.eu/
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
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