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# taz.de -- Weltfußball bei Union Berlin: Flucht vor Ritter Keule
> Um ein Haar wäre der spanische Edelkicker Isco beim 1. FC Union Berlin
> gelandet. Was das wohl mit der Klub-DNA gemacht hätte – oder die mit ihm?
Bild: Danndochnichtunioner: der spanische Fußballspieler Isco
Es war stürmisch an diesem Dienstag im Südosten Berlins. Fühlt es sich so
an, wenn man vom Hauch des Weltfußballs umweht wird, mag sich da manch
einer gefragt haben in Köpenick. Isco war beim 1. FC Union Berlin und hat
die medizinische Einstellungsuntersuchung über sich ergehen lassen. Würde
der Spanier, der lange bei Real Madrid gespielt hat und sich deshalb
fünffacher Champions-League-Sieger nennen darf, wirklich bei den Eisernen
anheuern?
[1][Ein Fußballer, den man in der ganzen Welt kennt], beim Kultklub am
Waldrand, bei dem so etwas herrscht wie die Diktatur des Normalitariats?
Ein veritabler Ballartist bei den Schlosserjungs aus Schöneweide? Ob das
gepasst hätte, man wird es nicht erfahren.
Es ist dann doch nicht zum Vertragsabschluss gekommen. Woran es lag, wird
am Ende keiner der Beteiligten sagen. Dass es ums Geld gegangen sein wird,
liegt nahe. Oder hat sich Isco vor Schreck auf den Heimweg gemacht, nachdem
er gesehen hat, wie das Klubmaskottchen „Ritter Keule“ mit seinem
Schaumstofffolterwerkzeug herumhantiert hat? Wurde er heimgeschickt, weil
er die Geschichte vom Hauptmann von Köpenick nicht korrekt hat wiedergeben
können und so durch den Einunionisierungstest gefallen ist? Oder ist ihm
einfach nur schlecht geworden, weil ihn Union-Präsident Dirk Zingler dazu
gezwungen hat, ein Berliner Pilsener aus der Flasche zu trinken? Wohl kaum.
## Kann man Isco kultig kriegen?
Und auch wenn man bei Union gehofft haben mag, dass Isco dem Klub, der auf
Platz zwei der Bundesligatabelle steht, sportlich weiterbringen kann, bis
zur Qualifikation zur Champions League gar, wird man vielleicht auch froh
sein, dass der Spanier so schnell wieder das Weite gesucht hat. Man hätte
Isco schließlich nicht nur in das eigentlich sehr gut funktionierende
Spielsystem integrieren müssen, man hätte ihm auch eine Anpassungskur zur
Klub-DNA verpassen müssen.
Aber wie hätte man einen Ballstreichler wie Isco kultig gekriegt? Eine
Woche lang Nina Hagens Vereinshymne in Dauerschleife via Kopfhörer auf die
Ohren packen vielleicht? Jeden Tag einmal im Wald hinter der Tribüne des
Stadions, die sich Waldseite nennt, an einen Baum schiffen? Oder reicht
es, die Namen der Mannschaft auswendig zu lernen, die 1968 den FDGB-Pokal
der DDR gewonnen hat? Einfach wäre es nicht geworden, diesen stinknormalen
Fußballmultimillionär aus Spanien in die Unionfamilie zu integrieren.
Es ist wahrlich nicht immer leicht, die Klub-DNA auf neue Spieler, Trainer
oder Funktionäre zu übertragen. [2][Bei Hertha BSC, drüben im Westen
Berlins], tut man sich da leichter als bei Union. Da endet alles
zuverlässig in einer Posse, jeder Neuanfang führt mindestens zu einem
Skandal, jeder Aufbruch führt zum Absturz. Da wird man selbst beim FC
Bayern neidisch. In München ist man stolz auf [3][das Bayern-Gen], das
allen Spielern dort (darf man das so überhaupt sagen?) eingeimpft wird.
Nach drei Nicht-Siegen hintereinander in der Liga muss man sich da beinahe
schon fragen, ob da nicht ein Gendefekt vorliegt.
Nach dem Isco-Intermezzo hat sich der Wind gelegt in Köpenick. Das
Achtelfinalspiel gegen den VfL Wolfsburg konnte gewonnen werden. Ach ja:
Welche DNA hat eigentlich der Klub aus der Autobauerstadt am
Mittellandkanal?
1 Feb 2023
## LINKS
[1] /Spaniens-Mittelfeldstratege/!5512457
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[3] /Bayerns-Champions-League-Sieg/!5704206
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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