| # taz.de -- Neue Regierung in Bosnien: Koalition wie „Feuer und Wasser“ | |
| > In Sarajevo hat drei Monate nach der Wahl das Parlament die Regierung | |
| > bestätigt. Es ist eine Koalition aus nationalistischen und bürgerlichen | |
| > Parteien. | |
| Bild: Freude in Sarajevo im Dezember, als die EU Bosnien und Herzegowina den Ka… | |
| Split taz | Dass drei Monate nach der Parlamentswahl in Bosnien und | |
| Herzegowina eine neue Regierung gebildet werden konnte, ist eine | |
| Überraschung – denn diese neue Regierung ist eine Koalition aus den | |
| nationalistischen Parteien der Kroaten und Serben und acht | |
| nichtnationalistischen „bürgerlichen“ Parteien, der sogenannten Osmorka. | |
| Diese Parteien seien wie „Feuer und Wasser“, spöttelten Kritiker noch kurz | |
| nach der Wahl. Kaum jemand hielt eine Koalition dieser Parteien für | |
| möglich. | |
| Doch am Donnertag war es soweit. Im Parlament wurde die Zusammensetzung | |
| einer neuen Regierung bestimmt. Zur Vorsitzenden des Ministerrates, und | |
| damit zur Regierungschefin, wurde mit Borjana Krišto eine | |
| kroatisch-bosnische Politikerin gewählt, die zum harten Kern der HDZ | |
| (Kroatisch Demokratischen Gemeinschaft), der kroatischen | |
| Nationalistenpartei in Bosnien und Herzegowina, gehört. | |
| Die serbische Nationalistenpartei SNSD (Unabhängige Sozialdemokraten) unter | |
| Führung von Milorad Dodik ist ebenfalls in der Regierung mit mehreren | |
| Ministern und dem Vizeminister in dem insgesamt 19 Kabinettssitze | |
| umfassenden Ministerrat vertreten. | |
| Außenminister wird mit Elmedin Konaković ein Vertreter der Osmorka und | |
| Vorsitzender der Partei Volk und Wahrheit, die viele | |
| bosniakisch-muslimische Stimmen gewonnen hatte. Auch der Chef der | |
| nichtnationalistischen Bürgerpartei Nasa Stranka, Edin Forto, ist in die | |
| Regierung als Minister für Kommunikation eingebunden. | |
| Beide gehörten in den letzten Jahren gemeinsam mit den Sozialdemokraten der | |
| SDP zu den schärfsten Kritikern der nationalistischen Parteien, denen sie | |
| vorwarfen, das Land territorial nach ethnisch-religiösen Kriterien | |
| aufteilen zu wollen. Gerade wegen dieser Kritik waren die | |
| nichtnationalistischen Parteien vor allem in den größeren Städten wie | |
| Sarajevo, Tuzla, Zenica und Bihać vor allem von der bosniakischen | |
| Bevölkerungsgruppe gewählt worden. | |
| ## Druck aus USA und EU | |
| Die bisher führende Bosniakenpartei SDA dagegen [1][verlor an Macht] und | |
| ist jetzt politisch auf gesamtstaatlicher Ebene ausgeschaltet. Das haben | |
| viele prowestlich und demokratisch denkende Wähler begrüßt. Dass aber ihre | |
| Vertreter nun mit den nationalistischen Extremisten koalieren, hat zu | |
| Enttäuschung und Kritik geführt. | |
| Die Gründe scheinen für viele Kommentatoren und Beobachter damit zu tun zu | |
| haben, dass die USA und die EU starken Druck auf die nichtnationalistischen | |
| Parteien ausgeübt haben, in Koalition mit den Extremisten zu gehen. | |
| In der Presse wurde darüber spekuliert, dass so vom Westen aus versucht | |
| werde, die Nationalistenparteien wieder in die Strukturen des Staates | |
| Bosnien und Herzegowina einzubinden. Eine der Hauptaufgaben der neuen | |
| Regierung seien umfassende Reformen zur Unterstützung des Aufnahmeantrags | |
| in die Europäische Union. Diese hatte [2][im Dezember dem Land den | |
| Kandidatenstatus gewährt]. | |
| Doch andere sehen in dem Zwang, sich mit den Nationalisten zu verbünden, | |
| nur eine andere Form, den Staat [3][Bosnien und Herzegowina aufzuspalten] | |
| und die Identität der multinationalen Gesellschaft und ihre demokratische | |
| Tradition nachhaltig zu zerstören. | |
| So haben die internationalen Repräsentanten und Abgesandten aus den USA und | |
| der EU zwar die bosniakische Nationalpartei SDA als „nationalistisch“ | |
| kritisiert, aber gar nicht erwähnt, dass diese Partei wie die Parteien der | |
| Osmorka immerhin die territoriale Integrität Bosnien und Herzegowinas | |
| verteidigt. Serbische und kroatische Nationalisten hingegen wollen trotz | |
| der neuen Koalition an ihren Zielen der territorialen Aufteilung des Landes | |
| festhalten. | |
| 26 Jan 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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