# taz.de -- Nachruf auf Peter Pringle: Ein Leben gegen das Töten | |
> Peter Pringle war in Irland zum Tode verurteilt und Jahre später | |
> freigesprochen worden. Nun ist der Aktivist im Alter von 84 Jahren | |
> gestorben. | |
Bild: Sonia „Sunny“ Jacobs und Peter Pringle 2011 in New York | |
DUBLIN taz | Es war das Jahr 1975. [1][Peter Pringle], Mitglied der | |
Irisch-Republikanischen Sozialistischen Partei (IRSP), war mit zwei Männern | |
von [2][Sinn Féin] und der linken People’s Democracy auf einer politischen | |
Rundreise durch Deutschland. Wir vom Irlandkomitee hatten die Veranstaltung | |
in Berlin organisiert und brachten die irischen Gäste in unseren | |
Studentenbuden unter. | |
Fünf Jahre später wurde Pringle in Dublin zum Tod durch Erhängen | |
verurteilt. Er hatte angeblich mit zwei anderen Männern in einem kleinen | |
Ort in der Grafschaft Roscommon eine Bank überfallen. Bei der | |
Verfolgungsjagd kam es zu einer Schießerei, zwei Polizisten starben. Zwei | |
Täter konnten verhaftet werden, dem dritten gelang die Flucht. Das sei | |
Pringle gewesen, glaubte die Polizei, und der Richter glaubte das auch. | |
Pringle war zwölf Tage nach dem Banküberfall verhaftet worden. Er hatte | |
sich den Bart abgeschnitten und die Haare gefärbt, was das Gericht als | |
Schuldhinweis wertete. Es war ein Indizienprozess. Es ging um eine | |
Wollfaser von Pringles Pullover, die im Fluchtwagen gefunden worden sei. | |
Entscheidend war die Aussage eines Polizisten, dem Pringle die Tat | |
gestanden haben soll, was er jedoch bestritt. Die Aussage eines weiteren | |
Polizisten, der einen anderen Mann als dritten Täter identifiziert hatte, | |
wurde nicht berücksichtigt. | |
Die letzte Hinrichtung in Irland hat 1954 stattgefunden, aber die | |
Todesstrafe wurde erst 1990 abgeschafft. Pringle war einer der letzten, die | |
zum Tode verurteilt wurden. Zwei Wochen vor dem Hinrichtungstermin im Juni | |
1981 wurde das Todesurteil in eine Zuchthausstrafe von 40 Jahren | |
umgewandelt. | |
## Pringle und Jacobs: Ein Paar gegen die Todesstrafe | |
Pringle studierte im Gefängnis Jura. 1992 wurde sein Fall zur Revision | |
zugelassen, ein Berufungsgericht sprach ihn 1995 frei, eine | |
Haftentschädigung bekam er jedoch nicht zugesprochen. Die beiden anderen | |
Männer, die für die Polizistenmorde verurteilt worden waren, wurden erst | |
2013 nach 33 Jahren Haft entlassen. | |
Pringle, dessen Sohn Thomas Abgeordneter im irischen Parlament ist, zog | |
nach seiner Entlassung ins westirische Galway. 1998 traf er dort die | |
US-Amerikanerin Sunny Jacobs, die auf einer Veranstaltung von Amnesty | |
International ihre Geschichte erzählte. Sie war 28, als sie mit ihrem | |
Partner Jesse Tafero und ihren beiden Kindern in Florida unterwegs war. | |
Weil das Auto liegengeblieben war, bot Taferos Freund Walter Rhodes an, die | |
Familie zurück in ihren Wohnort in North Carolina zu fahren. Jacobs war | |
während der Fahrt auf dem Rücksitz eingeschlafen, sie wurde durch Schüsse | |
und Polizeisirenen geweckt. Zwei Polizisten waren erschossen worden. | |
Rhodes machte mit der Staatsanwaltschaft einen Deal: Er belastete Jacobs | |
und Tafero und bekam lebenslänglich, während die beiden zum Tode verurteilt | |
wurden. Tafero kam auf den elektrischen Stuhl, der jedoch nicht richtig | |
funktionierte, sodass es fast eine Viertelstunde dauerte, bis er starb. | |
Jacobs’ Urteil wurde in lebenslänglich umgewandelt. Nach Taferos | |
Hinrichtung gestand Rhodes, dass er geschossen hatte und Jacobs und Tafero | |
unschuldig waren. Jacobs kam 1992 frei. Ihr Sohn war inzwischen verheiratet | |
und hatte selbst ein Kind, die Tochter war eine 16-jährige Fremde. | |
Jacobs gründete eine Organisation zur Unterstützung von Justizopfern. Nach | |
der Veranstaltung in Galway kamen sich Pringle und Jacobs näher, sie blieb | |
in Irland, die beiden heirateten 2012 in New York. Beide schrieben ihre | |
Autobiografien. | |
Peter Pringle ist in der Silvesternacht gestorben. Er war 84 Jahre alt. | |
2 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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