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# taz.de -- Berlin in Städterankings: World's top city (nach Mainz)
> Städterankings sind nicht nur sinnlos, sondern sogar gefährlich. Für die
> Bewohner drohen bei guter Platzierung vor allem Verschlechterungen.
Bild: Berlin! So hip!
Berlin taz | Berlin ist wahnsinnig dynamisch. So dynamisch, dass die
Senatskanzlei mit nur drei Wochen Verspätung [1][stolz wie Oskar auf das
Städteranking Cities in Motion der IESE Business School München hingewiesen
hat], das die Stadt hinsichtlich Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit auf
Platz 5 von 183 untersuchten Städten listet. Die Platzierung gleich hinter
London, New York, Paris und Tokio lässt im vergleichsweise zwergenhaften
Berlin die Sektkorken knallen.
Stark in Berlin sind der Studie zufolge die Berliner:innen selbst. Im
Bereich Human Ressources schneidet die Stadt gut ab, nicht so gut dagegen,
was das Zusammenleben der Berliner:innen angeht, gemeint ist offenbar
der soziale Zusammenhalt. Verstehe das, wer will. Schwer nachvollziehbar
zudem, wieso die Stadt, die jede unbebaute Fläche mit lebensfeindlichen
Bürotürmen zukleistert, ausgerechnet in der Kategorie stadtplanerische
Kompetenz gut dasteht. Zugute kommt Berlin dann noch die
Verkehrsinfrastruktur, die internationale Ausstrahlung und die Gewinnung
von Talenten, wohingegen die Wirtschaftskraft nur für einen Mittelfeldplatz
ausreicht.
Die Orientierung der Städte an dem, was in erster Linie Wirtschaft und
Tourismus dient, hat so unangenehme Folgen wie Stadtmarketing,
Selbstvermarktung oder Steuerkonkurrenz.
Der Neuigkeits- oder Informationswert dieser und anderer Studien tendiert
für gewöhnlich gegen Null. Den überwiegend wirtschaftsnahen Instituten, die
sich einen Wettkampf um das beste Städteranking liefern, geht es vor allem
um Aufmerksamkeit. Produziert wird dann meist allerlei Unsinn anhand von
Indizes, die mit dem normalen Leben der Bewohner:innen kaum noch etwas
zu tun haben.
## Der schönste Park nützt nichts
Ein Beispiel dafür liefert auch ein Städteranking von IW Consult, das die
dynamischsten deutschen Großstädte listet. Hier liegt Berlin gar auf einem
zweiten Platz, knapp hinter der boomenden Metropole Mainz – und das bei
Indikatoren wie Wirtschaftskraft, Baungenehmigungen und Nachhaltigkeit.
Zumindest bei letzterem müssen die deutschen Vergleichsstädte wirklich
schlecht performen, denn Berlin belegt gar den ersten Rang im Sustainable
Cities Index 2022. Grünflächen und eine vergleichsweise geringe
Umweltbelastung reichen trotz Nachholbedarfs im Bereich Treibhausgasen für
die Pole Position. Nimmt man jedoch die Kategorien Profit (wirtschaftliche
Entwicklung) und People (Verkehrsinfrastruktur, Kriminalität, Bildung)
dazu, reicht es nur für Platz 5. Es nützt also der schönste Park nichts,
wenn einem dann die Tasche geklaut wird.
Gefährlicher als die nationalen Studien sind dann schon jene
internationalen mit großer Aufmerksamkeit. Denn wohin soll das
internationale Kapital samt seiner Charaktermasken ziehen, wenn nicht in
die Städte, denen die höchste Lebensqualität nachgesagt wird. Immerhin
zwölf Städte, zuallererst Wien, hat es da in einer Hitlist der
Economist-Gruppe schlimmer getroffen. Trotzdem, 159 Städte liegen, auch
angesichts von untersuchten Faktoren wie Stabilität, Gesundheitsversorgung
oder Kultur, hinter Berlin.
Auch in Neukölln müsste sich der Jubel der Einheimischen in Grenzen halten
über eine Top-Platzierung der trendigsten Nachbarschaften der Welt. Denn,
wo alle nur der Coolness folgen, wird es schon bald ziemlich öde.
29 Dec 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/RegBerlin/status/1608025088124747777
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Nachhaltigkeit
Berlin
Glück
Tourismus
Wirtschaft
Städte
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