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# taz.de -- Die Wahrheit: Vier Finger für ein Halleluja
> Das neoliberal kaputt gesparte Gesundheitssystem gibt es als solches auch
> in Irland. Besser, es fällt einem mal kein Ziegelstein aufn Kopp.
Bild: Mit Fieber im Bett, meist ein Zeichen von Grippe
Der irische Gesundheitsdienst [1][Health Service Executive] (HSE) hat
verkündet, dass es derzeit äußerst ungünstig wäre, wenn man ein Krankenhaus
aufsuchen müsste. Wegen steigender Coronazahlen und einer Grippewelle
warteten vorige Woche rund tausend Menschen auf ein Krankenhausbett.
Tagelang mussten sie auf Stühlen oder – bei schweren Fällen – auf Rollwag…
ausharren.
Man möge bitte Alternativen in Erwägung ziehen, bevor man zur Notaufnahme
gehe und das überlastete Personal belästige, bat der Gesundheitsdienst. Man
könne zum Beispiel mit einem Apotheker sprechen, der einem bei einem
Blinddarmdurchbruch sicher mit ein paar Schmerztabletten aushelfen würde.
Und wenn man sich beim Zwiebelschneiden versehentlich den Finger halb
abgetrennt habe, solle man sich fragen, ob man wirklich zehn Finger
brauche. Homer Simpson habe schließlich auch nur vier Finger an jeder Hand.
Das Blut im Urin könnte auch von der Flasche Rotwein am Abend zuvor
stammen. Zwei weitere Fläschchen, dann sind die Symptome egal und die
Schmerzen weg. Ein paar Schnäpse können ebenfalls nicht schaden.
Schließlich heißt der Gesundheitsdienst auf Irisch „Feidhmeannacht na
Seirbhíse Sláinte“. Letzteres ist das Lieblingswort der Iren, denn wenn man
sich zuprostet, sagt man „Sláinte“. Das bedeutet „Gesundheit“ und ist
widersinnig, denn wer sich zu oft Sláinte wünscht, ist auf dem besten Weg,
sich diese zu ruinieren.
Die HSE ist am vorvergangenen Sonntag übrigens volljährig geworden, denn am
1. Januar 2005 ersetzte sie die zehn regionalen Gesundheitsbehörden. Vor
zwei Jahren legten [2][Cyberkriminelle] das komplette irische
Gesundheitssystem mit einer Schadsoftware lahm. Sie verlangten 20 Millionen
Euro für einen Code, mit dem sich die Daten entschlüsseln ließen.
## Die
Die HSE weigerte sich zu bezahlen, denn sie braucht jeden Cent, um die
Fachärzte zu befriedigen. Die haben sich zu Weihnachten eine Erhöhung ihres
mageren Gehalts von 252.000 Euro im Jahr sowie alle sieben Jahre einen
bezahlten Urlaub von vier Monaten gewünscht. Außerdem forderten sie mehr
Zeit und mehr Betten in öffentlichen Krankenhäusern, um ihre
Privatpatienten dort unterbringen und behandeln zu können.
Das ist äußerst lukrativ, zumal die Fachärzte dafür nichts bezahlen müssen.
Wer privat versichert ist, hat freie Arztwahl wird schnell versorgt. Die
anderen müssen sich hinten anstellen. Zurzeit warten 900.000 Menschen auf
einen Termin bei einem Facharzt, manchmal schon seit mehreren Jahren. Aber
wegen der Überlastung der Krankenhäuser will man den Fachärzten nun 360
dieser wertvollen privaten Betten vorübergehend wegnehmen.
Ich bin jedenfalls gegen alles geimpft, gegen das man sich impfen lassen
kann. Jetzt darf mir nur kein Ziegelstein auf den Kopf fallen.
9 Jan 2023
## LINKS
[1] https://www.hse.ie/eng/
[2] https://cyberlaw.ccdcoe.org/wiki/Ireland%E2%80%99s_Health_Service_Executive…
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
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