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# taz.de -- Ampel zu Lebensmittelrettung: Laue Initiative zum Containern
> Die Länder sollen seltener gegen Essensretter:innen ermitteln,
> fordern die Minister Buschmann und Özdemir. Einen Gesetzesvorschlag haben
> sie nicht.
Bild: Oft noch gut: Lebensmittel aus der Mülltonne
Berlin taz | Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Agrarminister Cem
Özdemir (Grüne) setzen sich dafür ein, strafrechtliche Ermittlungen wegen
Containerns in Zukunft häufiger einzustellen. Geregelt werden soll das aber
nicht vom Bundestag, sondern von den Ländern.
Als Containern bezeichnet man es, wenn Lebensmittel aus den
Abfallcontainern der Supermärkte genommen werden. Aktivist:innen
[1][sprechen auch von Lebensmittelrettung]. Bisher ist Containern als
Diebstahl strafbar.
Die beiden Bundesminister unterstützen nun einen Vorschlag von Hamburgs
Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne). Danach sollen die
Staatsanwaltschaften derartige Strafverfahren wegen Geringfügigkeit
einstellen, wenn sie weder mit Sachbeschädigung noch mit einem größeren
Hausfriedensbruch einhergegangen sind und der Verzehr der Lebensmittel auch
„keine Gesundheitsgefahren“ dargestellt hat. Sie würden also weiter
strafrechtlich verfolgt, wenn zum Beispiel das Schloss eines Containers
beschädigt oder ein Zaun überstiegen wurde.
Hamburg will diese Regelung in den „Richtlinien für das Strafverfahren und
das Bußgeldverfahren“ (RiStBV) als neue Nummer 235a verankern. Die RiStBV
ist eine gemeinsame Verwaltungsvorschrift der Länder, die für die
Staatsanwaltschaften verbindlich ist. Änderungen der RiStBV sind aber nur
im Konsens der Länder möglich.
## Gesetzesentwurf wäre einfacher
Ob hier ein Konsens im Sinne Hamburgs zustande kommt, ist sehr unsicher.
Der [2][Hamburger Antrag] stammt schon vom Oktober 2021. Bei der jüngsten
Neufassung der RiStBV wurde er nicht berücksichtigt. Viele Länder sind
generell skeptisch gegenüber dem Containern. „Leuten zu ermöglichen, in
Containern nach Lebensmitteln zu wühlen, kann nicht unsere Antwort auf die
großen Fragen der [3][Lebensmittelverschwendung] sein“, kritisiert die
Stuttgarter Justizministerin Marion Gentges (CDU).
Sie [4][fordert ein Antiwegwerfgesetz], mit dem größere Supermärkte zur
Zusammenarbeit mit [5][sozialen Einrichtungen wie Tafeln] verpflichtet
werden sollen. Die Initiative der beiden Bundesminister hat nun aber
immerhin dazu geführt, dass sich die grün-schwarze Landesregierung noch
einmal neu beraten will.
Deutlich einfacher wäre es jedoch, das Containern auf Bundesebene zu
entkriminalisieren. Das muss nicht einstimmig passieren, der Bundestag
könnte mit der Mehrheit der Ampelkoalition das Strafgesetzbuch ändern.
Warum also legen die Bundesminister Buschmann und Özdemir keinen
Gesetzentwurf vor?
Özdemirs Ressort verweist darauf, dass das Bundesjustizministerium für
Rechtsfragen zuständig sei. Dieses erwähnt nur vage die geplante
„Modernisierung des Strafrechts“, für die der Minister im Laufe des Jahres
einen Vorschlag machen will. Vom Containern war dabei bisher noch nie die
Rede.
Wie eine Regelung per Bundesgesetz aussehen könnte, hat die Linke-Fraktion
im November gezeigt. Sie schlägt eine Ergänzung von Paragraf 248a
(„Diebstahl geringwertiger Sachen“) um folgende Passage vor: „Von der
Strafverfolgung ist abzusehen, wenn sich die Tat auf Lebensmittel bezieht,
die vom Eigentümer in einem Abfallbehältnis, welches der Abholung und
Beseitigung durch einen Entsorgungsträger dient, deponiert oder anderweitig
zur Abholung bereitgestellt wurden.“
10 Jan 2023
## LINKS
[1] /Muenchener-Restaurant-rettet-Lebensmittel/!5840355
[2] /Vorstoss-des-Hamburger-Justizsenators/!5599424
[3] /Wiederverwertung-von-Lebensmitteln/!5604858
[4] /Gerichtsbeschluss-zum-Containern/!5702737
[5] /Unterstuetzung-fuer-Tafeln/!5896047
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Lebensmittelrettung
Cem Özdemir
Schwerpunkt Klimawandel
Cem Özdemir
Lebensmittelrettung
Lebensmittelrettung
Containern
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