# taz.de -- Humanitäre Hilfe für Pakistan: Vor dem Monsun | |
> Pakistan ist nach den Überschwemmungen im Sommer noch immer weitgehend | |
> zerstört. Hilft der Rest der Welt? Klar ist: Allein schafft es das Land | |
> nicht. | |
Bild: Mit eigenen Ressourcen baut Muhammad Younas die zerstörten Gebäude wied… | |
ISLAMABAD taz | Notdürftig haben Muhammad Younas und seine Familie ihr | |
zerstörtes Haus mit Planen eingehüllt – zumindest ein Sichtschutz. Wände | |
hat das Gebäude kaum noch, seitdem das Dorf Landi Shariff in der | |
pakistanischen Region Belutschistan von der Flut [1][im Sommer 2022] | |
erfasst wurde. Ein halbes Jahr nachdem ein lang anhaltender Monsunregen ein | |
Drittel Pakistans unter Wasser gesetzt hat, habe das Dorf noch immer keinen | |
Zugang zu alltäglichen Hygieneprodukten wie Seife und Zahnpasta. | |
So überliefert es eine Sprecherin von Oxfam in Pakistan. Mit eigenen | |
Mitteln haben die Dorfbewohner:innen von Landi Shariff angefangen, | |
ihre Häuser wieder aufzubauen. Reichen tut das nicht. Und so wie in Landi | |
Shariff sieht es an vielen Orten des Landes aus. Eine internationale | |
Konferenz soll das Blatt wenden. Zusammen mit UN-Chef António Guterres | |
hatte Pakistan für Montag zum UN-Standort nach Genf eingeladen, um Geld und | |
sonstige Unterstützung zu sammeln. | |
„Ich bitte um eine neue Lebensader“, sagte Pakistans Regierungschef Shehbaz | |
Sharif im Vorfeld. Für den Wiederaufbau braucht das Land in den nächsten | |
fünf bis sieben Jahren rund 15 Milliarden Euro. Nur die Hälfte davon kann | |
Pakistan selbst aufbringen. | |
Der Fall ist auch ein globaler Stresstest: Wie ernst meint die | |
Staatengemeinschaft es damit, für Klimawandelschäden im Globalen Süden | |
aufzukommen? „Dies ist eine Klimakatastrophe, ein globales Problem, und es | |
kann immer wieder passieren“, betonte der UN-Repräsentant für Pakistan vor | |
der Konferenz. Kaum ein Land hat im vergangenen Jahr so sichtbar und | |
spürbar unter den Folgen der Klimakatastrophe gelitten wie Pakistan. | |
Zwei Millionen zerstörte Häuser | |
Erst Rekordtemperaturen bis fast 50 Grad, dann der überwältigende | |
[2][Monsunregen]. Die traurige Bilanz der anschließenden Flutkatastrophe: | |
Geschätzt mussten acht Millionen Menschen, so viele wie die Bevölkerung von | |
Niedersachsen, ihr Zuhause und Land verlassen. Über zwei Millionen Häuser | |
wurden beschädigt, 439 Brücken und mehr als vier Millionen Hektar | |
landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 13.000 Kilometer Straße. | |
Null Prozent davon sei ein halbes Jahr später wieder aufgebaut, berichtete | |
Shabnam Baloch von der Hilfsorganisation International Rescue Committees | |
(IRC) frustriert. Noch immer stünden ganze Dörfer unter Wasser. Auch die | |
nächste Erntesaison müsse ausfallen. Etwa neun Millionen Menschen seien | |
immer noch von humanitärer Hilfe abhängig, so Baloch gegenüber der taz. | |
Das Bundesentwicklungsministerium stockte am Montag seine Unterstützung um | |
84 Millionen Euro auf, ursprünglich hatte Deutschland schon 39 Millionen | |
Euro zugesagt. Frankreich und die Europäische Union kündigten dreistellige | |
Millionenzahlungen an. Es handele sich aber nicht nur um eine | |
Geberkonferenz, betonte Knut Ostby vom Entwicklungsprogramm der Vereinten | |
Nationen (UNDP) bei einer Pressekonferenz. | |
„Wir hoffen, dass wir Geber und Partner zusammenbringen und auch eine | |
technische Diskussion über Ideen des Privatsektors und Anpassungsmaßnahmen | |
führen werden“, so Ostby. „Es ist ein entscheidender Moment.“ Bis zum | |
nächsten Monsun seien es nur noch wenige Monate. Viele Menschen seien zwar | |
in ihre zerstörten Häuser zurückgekehrt, doch noch sei alles mit Schlamm | |
bedeckt. | |
Wiederaufbau beginnt schleppend | |
Per [3][Twitter] warnte die pakistanische Klimaministerin Sherry Rehmann | |
vor Minusgraden in den betroffenen Gebieten. „Wir dürfen nicht vergessen, | |
dass Millionen von Überschwemmungsopfern dem Winter trotzen müssen und kein | |
Zuhause mehr haben.“ In die betroffenen Gebiete können Wärmedecken zum Teil | |
nur mit Motorrädern geliefert werden. | |
Bisher habe der Wiederaufbau noch nicht begonnen, nur die Planung, sagte | |
Baloch vom IRC. Das Ziel, das sich die pakistanische Regierung für die | |
UN-Konferenz gesetzt hat, nennt sie sehr ehrgeizig. Bis Montagnachmittag | |
war deren Ausgang noch nicht bekannt. In die Zukunft blickt Baloch mit | |
Hoffnung, aber auch Skepsis. „Meine Befürchtung und die Befürchtung der | |
humanitären Gemeinschaft ist es, dass wir sehr bald hören werden, dass dies | |
eine neue Normalität ist. Darauf muss man einfach vorbereitet sein.“ | |
Humanitäre Akteur:innen wie Baloch haben einen Begriff für einen solchen | |
Wiederaufbau, der die Folgen des Klimawandels einkalkuliert: [4][Building | |
Back Better]. Gemeint ist zum Beispiel, widerstandsfähigere Häuser so | |
anzusiedeln, dass sie nicht entlang von flutbetroffenen Gebieten liegen. | |
Baloch: „Ich denke, die ganze Welt sollte daraus lernen, was in Pakistan | |
passiert ist.“ | |
10 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Flutkatastrophe-in-Pakistan/!5874976 | |
[2] /Verheerende-Ueberschwemmungen-in-Pakistan/!5881996 | |
[3] https://twitter.com/sherryrehman | |
[4] /Bekaempfung-von-Schaeden-durch-Klimawandel/!5893632 | |
## AUTOREN | |
Ann Esswein | |
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