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# taz.de -- Rassismus als Motiv vermutet: Tödliche Schüsse in Paris
> Ein 69-Jähriger hat im Norden von Paris um sich geschossen und drei
> Menschen getötet. Fremdenfeindliche Motiven stehen im Raum.
Bild: Der Tatort im Zentrum von Paris am 23. Dezember
Paris taz | Mindestens drei Menschen sind am Freitagmittag auf der Straße
im 10. Stadtarrondissement von Paris in unmittelbarer Nähe eines Zentrums
der kurdischen Exilgemeinschaft von einem offenbar allein handelnden
69-jährigen Mann getötet worden. Drei weitere Personen wurden von ihm
verletzt, eine davon schwebte in Lebensgefahr. Der am Tatort festgenommene
Angreifer wurde selber ebenfalls am Gesicht leicht verletzt, als er nach
seinem Fluchtversuch schließlich in einem Friseursalon überwältigt wurde.
Auf einem Telefonvideo einer Anwohnerin ist zu sehen, wie von dort die
Polizei einen mittelgroßen Man in einem roten Anorak abführt.
Hatte er es speziell auf das dortige kurdische Zentrum Ahmet Kaya
abgesehen, in dem sich auch ein Café befindet? Gleich nach den tödlichen
Schüssen versammelten sich zahlreiche Exilkurden vor der Polizeisperre, wo
sie mit Sprechchören in kurdischer Sprache gegen eine ihnen geltende
Aggression demonstrierten. Hinter der Hand des Todesschützen vermuten sie
Auftraggeber in Ankara. Mit der Zeit stieg die Spannung, und ihre Wut
entlud sich in Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Der Verdacht der Kurden ist verständlich, denn 2013 waren drei
Aktivistinnen der kurdischen PKK von einem Türken mitten in Paris
erschossen worden. War also auch der Anschlag vom Freitag ein Attentat
gegen die Kurden? Zeugen sagen, der Täter sei zunächst in das Zentrum und
zum dazu gehörenden kurdischen Café gegangen und habe dann das Feuer
eröffnet. Dass erneut jemand gezielt Kurden töten wollte, stand für viele
im Voraus fest.“Es waren Kurden, die ins Visier genommen wurden“, sagte
Juan-Golan Eliberg, ein Künstler, der im kurdischen Kulturzentrum arbeitet,
der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Organisation „Conseil démocratique kurde en France“ (CDK-F) teilte mit,
bei den Todesopfern und Verletzten handle es sich um kurdische Aktivisten
(„militants kurdes“). Das wird offiziell nicht bestätigt, bestärkt aber d…
Verdacht, dass der Angriff den Kurden und dem Sitz des CDK-F an der Rue
d'Enghien Nr. 16 im 10. Arrondissement galt. Solange dazu keine Klarheit
herrscht, haben die Behörden einen Polizeischutz für diverse Einrichtungen
der kurdischen Gemeinschaft angeordnet. Bisher hatte es für das Zentrum
Ahmet Kaya keine speziellen Sicherheitsvorkehrungen gegeben.
Die ersten Angaben der Polizei zu seiner Person deuteten allerdings eher
auf einen rassistisch oder fremdenfeindlich motivierten Anschlag hin. Denn
der 69-jährige französische Staatsangehörige, der vor seinem Ruhestand bei
der Staatsbahn SNCF gearbeitet haben soll, ist bei der Justiz kein
Unbekannter. Er wurde erst kürzlich aus der Untersuchungshaft entlassen.
Denn er hatte bereits zwei Mal Migranten angegriffen. Dieses Mal hat er
laut Zeugen in der Nähe des Kurdenzentrums eine Pistole gezückt und auf
Leute auf der Straße geschossen.
## Medien sprechen von „Wiederholungstäter“
Bereits ist in den Medien von einem gewaltsamen „Wiederholungstäter“ die
Rede. Denn vor einem Jahr hatte er mit einem Säbel zuerst Zelte von
obdachlosen Geflüchteten im Pariser Quartier Bercy attackiert und dann zwei
Personen schwer verletzt. Er sollte sich deswegen demnächst vor einem
Gericht verantworten. Bis dahin war er auf freiem Fuß, obschon er wegen
bewaffneter Gewalt im einem Vorort im Norden von Paris in der
Seine-Saint-Denis verurteilt worden war, die Staatsanwaltschaft hatte gegen
das Urteil Berufung eingelegt.
Ob der Tatverdächtige Mitglied einer extremistischen Gruppierung war oder
sonst irgendwelche Verbindungen zur extremen Rechten hatte, konnte bisher
nicht bestätigt werden. Mehrere politische Persönlichkeiten der politischen
Linken haben in den Netzwerken unisono gegen den von Rechtsradikalen
öffentlich angestachelten Fremdenhass und Rassismus protestiert und
namentlich auch einen Schutz der Kurden gefordert.
Nachdem Innenminister Darmanin lediglich gesagt hatte, der Täter habe aus
ausländerfeindlichen Motiven geschossen, sagte am Abend Staatspräsident
Emmanuel Macron schließlich am Abend: „Die Kurden in Frankreich sind Opfer
eines heimtückischen Anschlags geworden.“
23 Dec 2022
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Kurden
Schwerpunkt Frankreich
Schüsse
Paris
GNS
Schwerpunkt Rassismus
Bataclan
Islamismus
Schwerpunkt Frankreich
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