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# taz.de -- Malaysia nach den Wahlen: Mühsamer Start für Reformregierung
> Der neue Regierungschef Malaysias, Anwar Ibrahim, hat das Vertrauen des
> Parlaments. Doch seine faulen Kompromisse wecken Zweifel.
Bild: Nach der Vertrauensabstimmung: Premierminister Anwar Ibrahim, neben ihm s…
Berlin taz | Malaysias neuer Premierminister Anwar Ibrahim hat erreicht,
was seine Vorgänger in den letzten zwei Jahren nur mit Tricks vermeiden
konnten: Er stellte am Montag im Parlament erfolgreich die Vertrauensfrage.
Damit könnte er jetzt eigentlich mit der Umsetzung seiner Wahlversprechen
beginnen: die endemische Korruption bekämpfen, bürgerliche Freiheiten
vergrößern und die Spaltung der Gesellschaft in muslimische, buddhistische,
christliche oder hinduistische Menschen malaiischer, chinesischer,
indischer oder indigener Abstammung überwinden.
Der 75-jährige Anwar hatte sich zuvor von den fünf Koalitionsparteien
vertraglich garantieren lassen, dass sie ihn bei Abstimmungen, welche die
Legitimität der Regierung verfassungsrechtlich beeinträchtigen könnten,
unterstützen.
Das Bürgerrechtsnetzwerk für saubere Wahlen „Bersih“ wünscht zwar auch
politische Stabilität, sorgt sich aber, dass „die Vereinbarung der
Koalitionsregierung den freien Willen der Parlamentarier“ einschränkt.
Vom Beginn der Unabhängigkeit 1957 bis 2018 hatte die Umno-Partei der
dominierenden muslimischen Malaien regiert. Ein massiver Korruptionsskandal
brachte 2018 dann die multiethnische Koalition Pakatan Harapan (PH) unter
Führung von Anwar an die Macht. Doch wurde sein interner Erzfeind Mohammed
Mahathir Premier.
## Keine Garantie für politische Stabilität
Zwei Jahre später stürzten abtrünnige Politiker und die oppositionelle Umno
die Reformregierung. Die neue Umno-Regierung verschliss dann bis zur Wahl
im November zwei Premierminister und weigerte sich stets, ihre
parlamentarische Mehrheit nachzuweisen.
[1][Obwohl Anwars PH jetzt als stärkste Kraft aus der Wahl hervorging],
trotz des Wohlverhaltensvertrags, gewonnenem Vertrauensvotum, trotz einer
Partnerschaft mit dem Wahlverlierer Umno sowie der von König Abdullah Sha
geforderten „Regierung der nationalen Einheit“ ist politische Stabilität
längst nicht garantiert.
Nicht nur stehen 2023 einige Regionalwahlen an, sondern muss Anwar der
Spagat zwischen seiner Vision eines Malaysia, in dem alle ethnischen
Gruppen gleichberechtigt sind, und der Ideologie der Vormacht der Malaien
gelingen.
Wahrer Wahlsieger ist zudem die islamistische PAS, die in der
malaiisch-islamischen Oppositionskoalition Perikatan Nasional (PN) 44 der
73 Sitze hält. Von der Korruption angewiderte Malaien wie auch viele junge
muslimische Erstwähler hätten für die PAS gestimmt, sagt James Chin,
Malaysiaexperte an der Universität von Tasmanien.
Zum Verdruss vieler Wähler hat Anwar jetzt entgegen seinem Versprechen,
keine korrupten Politiker in sein Kabinett zu holen, jetzt auch noch den
Umno-Chef Ahmad Zahid Hamidi zum Vizepremier ernannt. Gegen den sind vor
Gericht 47 Fälle mutmaßlicher Korruption anhängig.
## Islamisten in Lauerstellung?
Die islamistische PAS, so Chin, werde sich angesichts der Unterstützung der
Regierung durch den König mit Angriffen auf Anwar wohl zunächst
zurückhalten. Aber er warnt: „Wenn sie die Regierung angreift, dann auf
Basis der Religion. Ihr klares Ziel ist ein islamistisches Malaysia.“
Der Menschenrechtsanwalt Andrew Khoo geht davon aus, dass Anwar die
wachsende Unterstützung islamischer Werte berücksichtigen muss, um
konservative muslimische Wähler wieder zurückzugewinnen. Der erste
Indikator dafür ist die Ernennung des Schariajuristen Mohammed Na'im
Mokhtar zum Religionsminister. Dieser „wird die islamische Orthodoxie
aufrechterhalten“, so Khoo.
20 Dec 2022
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Malaysia/!5896235
## AUTOREN
Michael Lenz
## TAGS
Malaysia
Anwar Ibrahim
Parlamentswahlen
Vertrauensabstimmung
Malaysia
Monarchie
Schwerpunkt Landtagswahlen
Malaysia
Najib Razak
Schwulen- und Lesbenpolitik
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