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# taz.de -- Silvesterknaller wieder erlaubt: Zeit für ein Böllerverbot
> Die Entlastung von Krankenhäusern ist kein Thema mehr – es darf wieder
> geböllert werden. Aber warum eigentlich?
Bild: Für die einen große Freude, für andere große Last
Was für die einen Spaß bedeutet, kann für andere eine große Belastung sein.
Dazu zählen Mobbing und fehlendes Tempolimit. Und alle Jahre wieder auch
Feuerwerksraketen.
Zwei Jahre lang war das [1][Böllern auf den Straßen verboten]; im
Vordergrund stand die Entlastung des Krankenhauspersonals wegen Corona. Ihr
Ziel hat die Politik durchaus erreicht: Der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG) zufolge mussten in den Vorjahren jeweils um
die hundert Schwerverletzte stationär behandelt werden, im Pandemiejahr
2020/2021 waren es nur noch 32. Auch die Verletzten in Augenkliniken sanken
von 500 auf 79. Für einen nächtlichen Spaziergang war der Rückgang
Feuerwerksverletzter ein angenehmer Bonus: So konnte man sich den Anblick
angeschmorter Hände getrost sparen.
Christian Drosten [2][hat das Ende der Pandemie angekündigt], und nun ist
auch mit dem Böllerverbot Schluss. Zusammen mit überforderten Krankenwagen
kehren noch mehr Unannehmlichkeiten zurück: [3][Feinstaubbelastung],
Chemikalien und Mikroplastik, Müllhaufen, brennende Autos und Container,
außerdem verängstigte Haus-, Zoo-, Wildtiere und Menschen.
Denn die Knallerei macht nicht nur Kaninchen und Hunden Angst: Auch
Menschen leiden unter Silvesterlärm. Zudem gab es in diesem Jahr einen
Zuwachs an Geflüchteten: Bei manchen führt der Krach zu Reaktualisierung,
besonders bei jenen, die einen Krieg aus der Nähe erleben mussten.
## Und wozu das Ganze?
[4][Befürworter:innen ziehen das Spaß-Argument vor]. Aber auch hier
stellt sich, ähnlich der Tempolimit-Debatte, die Frage: Macht das Böllern
wirklich so viel Spaß? Ist es die ganzen verängstigten Hunde und verletzten
Augen wert? Was ist das für eine Definition von Freude, der so viele
belastet und so vieles kostet?
Die DKG merkt an, dass diesem vermeintlichen Vergnügen insbesondere Männer
und Jungs verfallen. Von den stationär Aufgenommenen gehörten im Jahr 2019
83 Prozent, 2020 86 Prozent und 2021 sogar 100 Prozent dem männlichen
Geschlecht an.
Ursprünglich war der Lärm dazu gedacht, [5][böse Geister zu vertreiben].
Heute dient er vor allem dazu, auf sich aufmerksam zu machen. Wenn aber
Tradition keine Rolle mehr spielt, wird es nicht langsam Zeit, sich davon
zu lösen? Schließlich ist Tradition fluide und ändert sich mit der Zeit,
genauso wie Sprache oder Ernährungsgewohnheiten.
Wenn private Böllerei verboten wird, heißt das nicht, dass Feuerwerk
gänzlich vom Himmel verschwindet. Städte und Kommunen könnten Spots
einrichten, wo es städtisch durchgeführtes Feuerwerk gibt. Dort kommt die
Nachbarschaft zusammen, grüßt sich und feiert gemeinsam ins neue Jahr
hinein. Ganz ohne Schäden.
28 Dec 2022
## LINKS
[1] /Silvester-in-Berlin/!5736408
[2] /Debatte-ueber-Ende-der-Corona-Massnahmen/!5901384
[3] /Boellern-an-Silvester-in-Berlin/!5822843
[4] /Boellerverbot-zu-Silvester/!5822021
[5] /Ohne-Krach-und-Tinnitus/!5650503
## AUTOREN
Shoko Bethke
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