Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vermutete Sicherheitslücke bei Facebook: Mit Betrug gegen die frei…
> Das vietnamesisch-deutsche Medium Thoibao verliert Werbeeinnahmen bei
> Facebook. Eine Firma behauptet, Urheberin seiner Inhalte zu sein.
Bild: „Thoibao“-Chefredakteur Trung Khoa Lê in seinem Ministudio
Berlin taz | Das vietnamesisch-deutsche Onlinemagazin Thoibao.de (Die Zeit)
wird wieder massiv angegriffen. Dieses Mal finanziell. Aufgrund einer
mutmaßlichen Sicherheitslücke bei Facebook verliert das in Berlin ansässige
Nachrichtenportal seit Wochen einen Großteil seiner Einnahmen. Thoibao
vermutet dahinter einen politisch motivierten Angriff auf seine Presse- und
Meinungsfreiheit – mutmaßlich durch Vietnams Geheimdienst.
„Seit dem 27. November hat eine Firma namens AJ Parkners in bisher 60
Fällen behauptet, Urheberin der von mir oder meinen Mitarbeitern
produzierten und auf der Facebookseite von Thoibao geposteten Videos zu
sein,“ sagt Chefredakteur und Eigner Trung Khoa Lê der taz. In Wahrheit
habe Thoibao das Copyright.
Doch Facebook habe die damit verbundenen Werbeeinnahmen AJ Parkners
zugeleitet, nachdem die Firma das Urheberrecht reklamiert hatte. Standort
und Geschäftsaktivitäten der Firma, die laut Lê wohl nur dem
Urheberrechtsbetrug dient, sind nicht bekannt.
Facebook gehe Thoibaos Beschwerden nicht ausreichend nach, kritisiert der
51-Jährige. Zwar würde Facebook seine Widersprüche gegen angebliche
Urheberrechtsverletzungen nach einiger Zeit akzeptieren. Dennoch erhalte
Thoibao weiterhin nicht die Werbeeinnahmen aus den von AJ Parkners zu
Unrecht beanspruchten Videos oder in Ausnahmefällen nur für die Zeit nach
Anerkennung von Thoibaos Beschwerde. Dann sind die Einnahmen aber bereits
viel niedriger.
## Facebook beantwortet keine Fragen
Der Facebook-Konzern Meta ließ mehrere Anfragen der taz unbeantwortet. Lê
erstattete gegen AJ Parkners Anzeige und bat Reporter ohne Grenzen (ROG) um
Hilfe. Helene Hahn, dort Referentin für Internetfreiheit, nennt Metas
Umgang mit Beschwerden „träge“ und „undurchsichtig“. Sie sagt: „Es i…
unklar, wie bei Meta Prüfverfahren stattfinden.“ Hahn sieht Meta in der
Verantwortung, doch sei der Plattformbetreiber immer unzugänglicher.
In Vietnam ist Facebook die Hauptnachrichtenquelle. Etwa 75 Prozent der
Bevölkerung von 100 Millionen nutzen Facebook. Hanoi hat den Druck auf das
soziale Netzwerk ständig erhöht. Meta-Chef Mark Zuckerberg persönlich wies
Mitarbeiter an, Hanoi nachzugeben, wie die Whistleblowerin Frances Haugen
2021 vor dem US-Senatsausschuss aussagte. Vietnam liegt auf der Rangliste
der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 174 von 180 Staaten.
39 vietnamesische Medienschaffende sind derzeit inhaftiert.
Das Regime in Hanoi stören Thoibaos unabhängige Berichte. So enthüllte
Thoibao Interna aus dem Machtzirkel der Kommunistischen Partei und
berichtete 2017 als erstes über die Entführung eines vietnamesischen
Geschäftsmannes und Ex-Kaders durch Vietnams Geheimdienst von Berlin nach
Hanoi.
Thoibaos Berichte und Videos bei Facebook und Youtube werden laut Lê im
Monat 20 Millionen Mal geklickt. 80 Prozent der Zugriffe kommen aus
Vietnam. Für Meta sind Thoibaos Facebookseiten eine lukrative
Werbeplattform. Umgekehrt erzielt Thoibao zwei Drittel seiner
Monatseinnahmen von rund 15.000 Euro aus Facebook-Werbung. Entfällt dies
wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen, wird Thoibao mit seinen zwölf
festen und freien Mitarbeitern nicht überleben können.
Lê wird schon seit Jahren vom Berliner Landeskriminalamt beschützt, weil er
von mutmaßlich dem Regime in Hanoi nahestehenden Exilvietnamesen
[1][Todesdrohungen] bekommt. Thoibaos Seiten werden [2][immer wieder
gehackt], mutmaßlich von Vietnams Geheimdienst. Lê wurde für seine Arbeit
von der Assoziation der Europäischen Journalisten (AEJ) mit dem Medienpreis
2022 ausgezeichnet.
## Wiederholte Angriffe auf Thoibao
So registrierten Unbekannte Lê etwa als Administrator von Facebookseiten,
die massiv die Communitystandards verletzten. Darauf sperrte Facebook
zunächst alle von ihm administrierten Seiten inklusive Thoibao. Jedes
Mal dauert es Wochen, das zu korrigieren. Auch Thoibaos Webseite legen
trotz hoher Ausgaben für Cybersicherheit immer wieder Hacker lahm. Bei
[3][Youtube] hatten angebliche Copyrightverletzungen Thoibaos zu
wochenlangen Sperren geführt.
Hahn wundert sich über Metas langsame Reaktionen: „Eigentlich müsste
Facebook doch wegen der bisherigen Erfahrungen mit Thoibao gewappnet sein.“
Offenbar sei Vietnam für Meta wirtschaftlich sehr attraktiv und der Schutz
der Medienfreiheit nicht so wichtig.
22 Dec 2022
## LINKS
[1] /Journalist-aus-Vietnam-in-Berlin-verfolgt/!5452396
[2] /Manipulation-aus-Vietnam/!5811158
[3] /Videoportal-laesst-sich-missbrauchen/!5713023
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Vietnam
Schwerpunkt Pressefreiheit
Internetzensur
Schwerpunkt Meta
Reporter ohne Grenzen
Schwerpunkt Pressefreiheit
KP Vietnam
Vietnam
Politische Morde
Trinh Xuan Thanh
Vietnam
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kritischer Publizist aus Vietnam: Er will nicht verstummen
Der Publizist Bui Thanh Hieu lebt schon lange in Deutschland. Der
vietnamesische Geheimdienst versucht nach wie vor, ihn mundtot zu machen.
Nach Korruptionsskandal in Vietnam: An Neujahr nicht mehr Präsident
Vietnams Staatspräsident Nguyen Xuan Phuc erklärt seinen Rücktritt kurz vor
dem Neujahrsfest. Am Mittwoch soll sein Nachfolger bestimmt werden.
Vize-Premierminister in Vietnam: Spekulationen um Rücktritte
In Vietnam haben die beiden stellvertretenden Premierminister ihr Amt
niedergelegt. Einige zweifeln an der Freiwilligkeit.
Vietnamesischer Journalist in Berlin: Gehackt und bedroht
Trung Khoa Lê bekommt seit Jahren Morddrohungen. Stecken dahinter
Handlanger*innen der vietnamesischen Regierung in Hanoi?
Hackerattacken auf vietnamesische Journalisten: Angriff auf kritische Reporter
Hacker behindern die Arbeit vietnamesischer Journalisten in Berlin. Mancher
vermutet die Täter in Hanoi. Die Polizei ermittelt.
Journalist bekommt Morddrohungen: Entenfleisch mit frischem Blut
Seit der Berliner Journalist Trung Khoa Le kritisch über die vietnamesische
Regierung berichtet, erhält er Morddrohungen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.