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# taz.de -- Prozess wegen versuchten Femizids: Vergewaltigt und niedergestochen
> In Hamburg steht ein Mann wegen versuchten Mordes an seiner Ex-Partnerin
> vor Gericht. Er soll sie vorher zum Sex gezwungen und dabei gefilmt
> haben.
Bild: Schnell zur Hand für heimliche Aufnahmen: Handykamera
Hamburg taz | Die Audioaufnahme eines Telefonanrufs bei der Polizei vom 23.
Juni 2022 tönt durch den Saal des Hamburger Landgerichts. Eine weibliche
Stimme schreit, wimmert und ist erst schlecht zu verstehen. Dann werden
ihre Worte verständlicher: „Bitte helfen Sie mir!“, „Jemand hat mich
abgestochen!“ und „Ich habe ein Messer im Kopf“. Die 19-Jährige überleb…
den Angriff ihres Ex-Partners Jamil S., sein Prozess begann am Montag.
Dem 29-Jährigen wird vorgeworfen, seiner Ex-Freundin Sa. an einer
Bushaltestelle in der Kandinskyallee aufgelauert und ihr mehrmals ein neun
Zentimeter langes Messer auf den Kopf und ins Gesicht gerammt zu haben. Der
letzte Stoß sei so heftig gewesen, dass der Griff abgebrochen sei.
Daraufhin habe S. von ihr abgelassen und sei geflohen. Sa. habe es mit der
Klinge im Kopf fertig gebracht, den Anruf bei der Polizei zu tätigen.
In drei Anrufen bei der Feuerwehr, wenige Minuten nach der Tat, berichten
unterschiedliche Zeug*innen, dass Sie eine „Frau mit Messer im Kopf“
gesehen hätten. Nach einer mehrstündigen Operation ist das Leben von Sa.
gerettet. Was bleibt, sind neben den psychischen Wunden ein Bruch des
Schädeldachs, die Durchtrennung eines Nervenastes, eine dauerhafte Lähmung
der linken Gesichtshälfte und zahlreiche Schnittverletzungen.
[1][Wie so oft bei Femiziden oder versuchten Femiziden] legt auch dieser
Fall nahe, dass eine [2][gewaltvolle, patriarchal geprägte
Beziehungsgeschichte zum Gewaltausbruch des zurückgewiesenen Mannes
führte.] Neben versuchtem Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen
wird wegen [3][Verletzung des Persönlichkeitsrechts sowie Vergewaltigung]
ermittelt. Die Geschädigte ist Nebenklägerin in diesem Verfahren.
## Heimliche Handyaufnahmen
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen September 2020 und Juli 2021 in
sieben Fällen heimlich Handyaufnahmen vom Geschlechtsverkehr mit Sa. in der
gemeinsamen Wohnung gemacht zu haben. Mindestens einmal soll der Sex gegen
den Willen von Sa. geschehen sein. Sie habe ihm gesagt, dass sie Schmerzen
habe und dass er aufhören solle und ihn anschließend in die Wange gebissen.
Daraufhin habe er ihre Handgelenke auf den Boden gedrückt und die
Vergewaltigung fortgeführt.
Später habe sich Sa. vom Angeklagten getrennt und den Wunsch, die Beziehung
nicht weiter fortzuführen, ein paar Tage vor dem Messerangriff noch ein mal
ausgesprochen, berichtet Gerichtssprecher Kai Wantzen. Beim letzten Treffen
vor der Eskalation habe S. dann den Reisepass von Sa. entwendet, um zu
verhindern, dass sie ausreisen könne. Von der Bushaltestelle in der
Kandinskyallee habe Sa. nach Berlin fahren wollen, um im Konsulat
Ersatzpapiere zu beantragen.
Während des Prozessauftakts sitzt der Angeklagte ruhig und bewegungslos,
den Rücken dem Publikum zugekehrt, da. Als der Vorsitzende Richter Matthias
Steinmann zu Beginn seine personenbezogenen Daten verkündet, bestätigt S.
alles mit selbstbewusster Stimme. Auch als die Schreie seiner Ex-Freundin
durch den Saal dröhnen, ist von hinten keine Regung wahrzunehmen. Sa. ist
an diesem Tag nicht anwesend.
Die Verteidigerin von S. kündigte an, dass ihr Mandant am kommenden
Verhandlungstag ausführlich aussagen werde. „Herr S. hat sehr viel zu
erzählen, auch aus seiner Vergangenheit.“ Voraussetzung ist, dass bis dahin
das psychiatrische Sachverständigengutachten vorliegt. Eine Woche darauf,
am 13. Januar, soll dann die Geschädigte aussagen.
21 Dec 2022
## LINKS
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[2] /Femizide-in-Deutschland/!5893403
[3] /Studie-zum-Sicherheitsempfinden/!5890698
## AUTOREN
Jasper von Römer
## TAGS
Justiz
Prozess
Schwerpunkt Femizide
Partnerschaftsgewalt
Vergewaltigung
Schwerpunkt Femizide
Gewalt gegen Frauen
Alt-Right-Bewegung
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