# taz.de -- Gender-Leitfaden in Österreich: Doch nicht so korrektes Kärnten | |
> In Kärnten hat die Landesregierung nach großer Aufregung einen Leitfaden | |
> für gendergerechte Sprache zurückgezogen. | |
Bild: Zwei landwirtschaftlich Beschäftigte bei der Heuernte | |
Wenn die Political Correctness verlangt, dass der Bauer zum | |
landwirtschaftlich Beschäftigten und der Gast zur Besuchsperson wird, | |
schütteln in Kärnten viele den Kopf. Nicht nur die landwirtschaftlich | |
Beschäftigten. Ein Leitfaden nebst Wörterbuch für gendergerechte Sprache | |
der Kärntner Landesregierung für den Amtsverkehr hat so viel Staub | |
aufgewirbelt, dass er vorerst zurückgezogen wurde. | |
[1][„Genderwahnsinn“, tobte der Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer]. Für | |
ÖVP-Landesrat Martin Gruber wird da eine „Verhunzung“ der Sprache | |
betrieben: „Irgendwann muss damit Schluss sein, bei aller Wertschätzung | |
auch für Gleichberechtigung.“ Tatsächlich finden sich in dem Wörterbuch | |
Vorschläge, die ein Schmunzeln hervorrufen können. Etwa dass der | |
„Hausmeister“ künftig „Fachkraft für Gebäudemanagement“ genannt werd… | |
soll. | |
Die meisten der Anregungen erscheinen aber vernünftig. Zum Beispiel das | |
Ersetzen von Nomina durch Gliedsätze. Beispiel: „Wer teilnimmt“ statt „d… | |
Teilnehmer und Teilnehmerinnen“. Sporadisch solle man Passivkonstruktionen | |
nutzen: „Im Workshop wurde ein Empfehlungskatalog erstellt“ statt „Die | |
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops erstellten einen | |
Empfehlungskatalog“. Wenn andere geschlechtsneutrale Formulierungen | |
ausgeschöpft sind, [2][solle man statt Binnen-I den Doppelpunkt einsetzen | |
(Richter:innen)], weil es nichtbinäre Identitäten berücksichtigt. | |
## Kein Wahlkampfthema schenken | |
Die von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) geführte Landesregierung beruft | |
sich auf eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) von 2018, die | |
sich wiederum auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention | |
(EMRK) stützt und eine dritte Geschlechtskategorie anerkennt. | |
Kaiser hat [3][nach Jahren der populistischen FPÖ-Regierungen] wieder | |
Sachlichkeit in die Kärntner Landespolitik gebracht. Vor den Landtagswahlen | |
am 5. März will er den Rechten offenbar den „Genderwahnsinn“ nicht als | |
Wahlkampfthema schenken. Fünf von neun Bundesländern sowie die Stadt Graz | |
haben ähnliche Leitfäden schon ohne großes Getöse beschlossen. | |
Kaiser schließt sein Schreiben, mit dem das Wörterbuch vorläufig | |
zurückgezogen wird, deshalb mit einer „nachdrücklichen Aufforderung an die | |
Bundesregierung, schnellstmöglich ein solches Nachschlagewerk | |
österreichweit einheitlich sicherzustellen“. | |
20 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /FPOe-in-Oesterreich/!5734708 | |
[2] /Hansestadt-schreibt-genderneutral/!5653215 | |
[3] /Neue-Regierung-in-Kaernten/!5070473 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Österreich | |
Kärnten | |
Gendergerechte Sprache | |
Österreich | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
Kärnten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Korruptionsprozess in Österreich: Freispruch für Strache | |
Ein Wiener Gericht hat den früheren Vizekanzler und FPÖ-Chef | |
freigesprochen. Für den Vorwurf des Gesetzeskaufs gebe es nicht genügend | |
Beweise. | |
Genderdebatten in Thüringen: Zukunft der Geschichte ist ungewiss | |
In Jena steht die Professur für Geschlechtergeschichte vor dem Aus. Die | |
Begründung wirkt fadenscheinig – und trifft auf Widerstand. | |
Hansestadt schreibt genderneutral: Lübecker:innen mit Doppelpunkt | |
Die Stadt nutzt seit dem Jahreswechsel im Schriftverkehr den | |
„Gender:Doppelpunkt“. Der Bürgermeister setzt auf Kommunikation ohne | |
Diskriminierung. | |
Neue Regierung in Kärnten: Ein flotter Dreier | |
Konservative, Sozialdemokraten und Grüne bilden eine Koalition in Kärnten. | |
Eine Allianz aus mehr als zwei Parteien gab es in Österreich noch nie. |