# taz.de -- Proteste in China: Polizeipräsenz verhindert Demos | |
> Chinas Staatsgewalt zeigt ihre Stärke. Der Sicherheitsapparat verhindert | |
> mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften neue Proteste in den Metropolen. | |
Bild: In Hongkong demonstrierten einige dutzend Personen auch am Montag | |
PEKING dpa | Massive Polizeipräsenz hat in mehreren chinesischen Städten | |
ein mögliches Wiederaufflammen der Proteste gegen die harte | |
Null-Covid-Politik der Regierung verhindert. In der Hauptstadt Peking und | |
in Metropolen wie Schanghai, Guangzhou und Hangzhou waren seit Montag | |
verstärkt Sicherheitskräfte auf den Straßen zu sehen. Vielfach wurden | |
Passanten angehalten, mussten sich ausweisen und ihre Handys zeigen, die | |
auf verdächtige Inhalte oder Programme wie Tunneldienste (VPN) zur Umgehung | |
der chinesischen Zensur untersucht wurden. | |
Aus Protest gegen die rigorosen Null-Covid-Maßnahmen wie Ausgangssperren, | |
Zwangsquarantäne, Massentests und ständige Kontrolle über Corona-Apps | |
[1][waren am Wochenende in mehreren Städten Tausende von Menschen auf die | |
Straßen gegangen]. In Peking riefen sie „Hebt den Lockdown auf“ und „Wir | |
wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit“. Es waren die größten Proteste | |
in China seit der Demokratiebewegung, die das Militär 1989 blutig | |
niedergeschlagen hatte. | |
Der Unmut in der Bevölkerung hatte sich verstärkt, während die bislang | |
größte Coronawelle seit Beginn der Pandemie vor knapp drei Jahren über die | |
Volksrepublik rollt. Ein Fünftel der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt | |
– also Hunderte Millionen Menschen – dürften landesweit von Lockdowns | |
betroffen sein, schätzen ausländische Experten. | |
Nach einem stetigen Anstieg der landesweiten Infektionszahlen meldete die | |
Gesundheitskommission am Dienstag erstmals wieder einen leichten Rückgang | |
der täglichen Neuinfektionen auf rund 38.400 Fälle. Am Vortag war ein | |
Höchststand von mehr als 40.000 zusätzlichen Ansteckungen gemeldet worden. | |
In der Hauptstadt nahm die Zahl der neuen Infektionen allerdings weiter zu | |
und stieg auf mehr als 4.300. Während Supermärkte und Markthallen zur | |
Versorgung mit Lebensmitteln noch geöffnet haben, sind in Peking die | |
meisten Restaurants, Schulen, Geschäfte und Büros geschlossen. | |
## Uferpromenade besonders gesichert | |
Nach Aufrufen in sozialen Medien zu neuen Protesten am Montagabend hatte | |
die Polizei ihre Präsenz massiv verstärkt. In der Hauptstadt wurde die | |
Uferpromenade des Liangma-Flusses in der Nähe des Diplomatenviertels | |
besonders gesichert, nachdem dort am Sonntagabend Hunderte demonstriert | |
hatten. | |
Auch im Universitätsviertel Haidian waren überall Polizisten auf den | |
Straßen zu sehen. In Schanghai wurde ein Großaufgebot von | |
Sicherheitskräften um den Volksplatz mobilisiert. Ähnlich sah es an der | |
Wulumuqi-Straße aus, wo Sperren errichtet wurden, um Menschenansammlungen | |
wie am Wochenende zu verhindern. | |
Benannt ist die Straße nach der Hauptstadt der Region Xinjiang, Ürümqi | |
(Chinesisch: Wulumuqi). Dort hatten sich am Wochenende viele Menschen | |
versammelt, um der zehn Toten eines Wohnungsbrandes am Donnerstagabend in | |
Ürümqi zu gedenken. Das Feuer war Auslöser der Proteste in vielen Städten, | |
da die Menschen den Verdacht haben, dass Null-Covid-Maßnahmen die Rettung | |
der Menschen behinderten. | |
## Kleiner Protest auch in Hongkong | |
In der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong versammelten sich am | |
Montagabend an der Chinesischen Universität dutzende Studenten und hielten | |
ähnlich wie die Demonstranten in anderen Städten am Wochenende | |
unbeschriebene weiße Blätter hoch, um der Opfer zu gedenken. Die weißen | |
Blätter sind zum Symbol des Widerstands und des Protests gegen die | |
chinesische Zensur geworden. | |
Angesichts der Proteste betonten die Vereinten Nationen in New York das | |
Recht der Menschen in China und weltweit auf freie Versammlung und | |
Meinungsäußerung. „Wir glauben an die Bedeutung des Rechts der Menschen, | |
sich friedlich zu versammeln und zusammenzuschließen – des Rechts, | |
friedlich zu demonstrieren“, sagte ein UN-Sprecher. Die zuständigen | |
Behörden seien aufgerufen, dieses Recht zu garantieren. | |
US-Präsident Joe Biden verfolgte nach Angaben des Weißen Hauses die | |
Proteste. „Menschen sollten das Recht haben, sich zu versammeln und | |
friedlich gegen politische Maßnahmen, Gesetze oder Vorschriften zu | |
protestieren, mit denen sie nicht einverstanden sind“, sagte der | |
Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. | |
29 Nov 2022 | |
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