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# taz.de -- Reichsbürger, Union, Krankenhäuser: Putschmuntre Staatsdiener
> Über Putschfantasten, hilfreiche Arbeitsverweigerung bei der Union und
> eine stabil ernste Lage in den Krankenhäusern. Ihre Warn-SMS der Woche.
Bild: Unter Terrorverdacht: Birgit Malsack-Winkemann, AfD-Mitglied und Ex-Parla…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Timing des deutschen Adels.
Und was wird diese Woche besser?
Adel putscht 80 Jahre nachträglich.
Reichsbürger*innen sollen einen Staatsstreich in Deutschland geplant
haben. Was lernen wir aus dem Verhalten von AfD und CDU nach der Großrazzia
letzte Woche?
Wenn die AfD „vollstes Vertrauen in die beteiligten Behörden“ hat, [1][muss
einem angst und bange werden]. Die Union hat jahrelang Studien über
politische Befindlichkeiten der Sicherheitsorgane verschleppt; erst die
Ampel hat nun eine Polizei- und eine Rassismusstudie beauftragt. Frühestens
Ende 24 werden wir erfahren, wie putschmunter es dort zugehen mag. Ob es
eine Paparazzia war, organisiertes Mediengetöse; ob wir uns ernsthaft vor
greisen Cordhosentaliban fürchten müssen: Nebelnebensachen. Im Ernstfall
entscheidet das gute alte „quis custodiet custodes“ – „Wer bewacht die
Wächter?“. Könnten Putschfantasten auf ausreichenden Rückhalt im Apparat
hoffen? Das wüsste man genauso gern wie die.
Eigentlich sollte Anfang 2023 eine Energiepauschale für Studierende
ausgezahlt werden, das verzögert sich jetzt. Lässt Deutschland die Studis
im Stich?
Wie die Rentner wurde die akademische Jugend bis zum „Dritten
Entlastungspaket“ vergessen: Ende September verhieß man ihnen dann endlich
200 Euro. Die Rentner kassierten unterdes, bei Studierenden fehlen hingegen
Daten, Bankverbindung, zweifellose Nachweise. Dass diese rund 3,5 Millionen
Leute – deutlich armutsbedrohter als der Durchschnitt der Bevölkerung –
nicht zentral erfasst sind, kann niemanden überraschen: Bildung ist
Ländersache. Also soll heißen, kann niemanden überraschen außer einer
einzigen FDP-Politikerin, die zur Strafe Bildungsministerin werden musste.
Was die seit September mit der Frohbotschaft angestellt hat, steht dahin.
Dem Vernehmen nach: Arbeitsgruppe. Vorschlag für die erste Hilfe: Eine
Stunde für 12 Euro Mindestlohn arbeiten, in der Steuererklärung angeben –
und im Mai 23 fette 300 Euro Energiepreispauschale kassieren.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat zum
bundesweiten Warntag am Donnerstag Sirenen und Handys Alarm schlagen
lassen. Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sehr fühlten Sie sich gewarnt?
Enorm. Ich fuhr im Leverkusener Kreuz und wusste: Ungefähr jetzt gucken
alle gleichzeitig am Lenkrad auf ihr Handy. Überraschend mischte sich der
Sirenenschall dann doch nicht mit circa 53 Auffahrunfällen, das war
glimpflich. Tagesthema danach: Wer keine Warnung erhalten, wer hochkomplexe
englischsprachige Ausführungen zu lesen bekommen hatte – und wie begeistert
die Behörden waren, dass mal was funktioniert hat.
Der Bundestag hat beschlossen, dass es mehr Geld für Kinderkliniken und
Entlastung für Pflegekräfte geben soll. Gesundheitsminister Lauterbach
verspricht mit der Krankenhausreform eine „Revolution“. Wie viel Revolution
ist da dran?
Misst man Lauterbach heute an Lauterbach gestern, ist seine Reform eher der
Ärzteklassiker: „Nehmen Sie zwei Aspirin und kommen nächste Woche wieder.“
Ursprünglich wollte er die „Fallpauschalen“ abschaffen. Denn dabei gehen
ÄrztInnen leer aus, wenn sie beobachten, abwarten, sorgfältig einkreisen.
Erst wenn diffuse Beschwerden zum „Fall“ hochgejuxt werden, verdient das
Krankenhaus. So kommt es zu Überversorgung, unnötigen Eingriffen und
Kunstfehlern, wo man auf den „Fall“ gar nicht eingerichtet ist. Nun will
der Minister auch das Abwarten durch eine „Vorhaltepauschale“ honorieren
und durch eine Staffelung Fälle dort behandeln lassen, wo ein Krankenhaus
ausreichend spezialisiert ist. Sprich: Die Lage ist ernst, aber stabil.
Vor dreißig Jahren wurde die erste SMS mit dem Text „Merry Christmas“
verschickt. Werden uns SMS erhalten bleiben?
Die SMS ist die 1-Cent-Münze der textbasierten Telekommunikation.
Inzwischen wölben sich allerhand Dienste mit Bonusfunktionen darüber, die
auch ohne Mobilfunknetz funktionieren. Die SMS ist unverschämt schmucklos
und suggeriert nicht, dass ich beinahe einer Familie, mindestens einer
Religionsgemeinschaft angehöre, wenn ich schnell eine Info schicke. Ich
mach’s weiter, ich schreib ja auch Postkarten.
Und was machen eigentlich die Borussen?
Gestern und 70.000 zum Weihnachtssingen im Westfalenstadion. Etwas mehr als
in den Dortmunder Kirchen, weniger als bei einem Heimspiel.
Fragen: Ann-Kathrin Leclère
11 Dec 2022
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## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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Schwerpunkt AfD
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