# taz.de -- Riga entzieht Doschd die Lizenz: Auf Exilruss*innen setzen | |
> Dem TV-Kanal Doschd russischer Exiljournalist*innen, die Lizenz zu | |
> entziehen, war ein Fehler Lettlands. Sind sie es doch, die Brücken | |
> schlagen können. | |
Bild: Journalistin und Doschd-Betreiberin Natalya Sindeyeva | |
Es soll weiter regnen, damit etwas daraus wächst. Der Prinzip ist einfach. | |
Der unabhängige russische Fernsehsender Doschd (Regen) arbeitet aufgrund | |
dieser Überzeugung. Seit März darf der Sender wegen seiner | |
Anti-Kreml-Position nicht mehr in Russland arbeiten. Wegen eines | |
ungeschickten Kommentars über russische Soldaten und mangelnder estnischer | |
Sprachkenntnisse wurde dem TV-Kanal diese Woche seine [1][Lizenz im | |
lettischen Exil entzogen]. | |
In Lettland arbeitet seit 2014 als Folge der russischen Zensur das | |
unabhängige [2][Medienportal Meduza], eine ebenso wichtige | |
Anti-Putin-Stimme, die nicht zum Schweigen gebracht werden darf. Seit März | |
haben Hunderte russische Journalist*innen in Riga Schutz gefunden – nun | |
fürchten sie das Schlimmste. Im Unterschied zu Lettland und Litauen, | |
erteilt Estland seit diesem Frühling kein Arbeitsvisum mehr an russische | |
Journalist*innen. | |
Doschd darf jetzt nur über Youtube senden, und so entsteht ein | |
irreführender Vergleich mit dem EU-Verbot 2021 des kremlnahen [3][Senders | |
RT], der anfangs auf Youtube weiteroperierte, später aber gesperrt wurde. | |
Doschd auf Youtube zu verbannen ist das falsche Signal und Öl auf Wladimir | |
Putins Feuer, wenn er die westliche Medienpolitik kritisiert. | |
Der Lizenzentzug bestätigt auch das zunehmende Schwarz-Weiß-Denken über die | |
russische Bevölkerung, das verhindert, Brücken zu der inzwischen | |
überwiegend im Ausland ansässigen Opposition zu bauen. Brücken, die wie | |
Regentropfen den Boden fruchtbarer machen könnten. Ohne Regen und neue | |
Verbindungen bleibt dann nur der Status quo: Putin und seine Propaganda. | |
Doschd distanziert sich seit Jahren vom russischen Staatspräsidenten. | |
Preisgekrönt im Bereich Pressefreiheit wurde der TV-Sender auch. Die | |
baltischen Behörden machen einen Fehler. Russische unabhängige Stimmen | |
gehören geschützt und nicht verboten. | |
Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer. Als Diaspora-Kanal beschäftigt Doschd | |
Journalist*innen in Frankreich und in den Niederlanden, der Sender | |
finanziert sich auch aus schwedischen und niederländischen Fördermitteln | |
und Spenden aus dem Ausland. Über Kabel erreicht Doschd einige Millionen | |
Zuschauer*innen und über Youtube wöchentlich noch mal an die 10 | |
Millionen, davon 40 Prozent im Ausland und 60 Prozent in Russland. | |
Die EU sollte anfangen, sich bewusster für oppositionelle Stimmen und | |
unabhängige russische Journalist*innen zu engagieren. Die Visa-Politik | |
muss erleichtert, nicht verschärft werden. Andernfalls wird es für die | |
russische Bevölkerung – in Russland und im Ausland – keinen Plan B geben | |
können. Für die gesamteuropäische Demokratie wäre das fatal. | |
10 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Russischer-Sender-in-Lettland/!5896722 | |
[2] /Pressefreiheit-in-Russland/!5765529 | |
[3] https://www.deutschlandfunk.de/russischer-staatssender-youtube-sperre-gegen… | |
## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
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