# taz.de -- Prozess zu Brüsseler Anschlägen: War der Terror bloß Plan B? | |
> In Belgien stehen die Hauptverdächtigen der Anschläge von 2016 vor | |
> Gericht. Einiges spricht dafür, dass die Täter eigentlich anderes geplant | |
> hatten. | |
Bild: Polizisten bewachen einen Angeklagten im Gerichtssaal am 5. Dezember in B… | |
BRÜSSEL taz | Mehr als sechs Jahre liegen die islamistischen | |
Terroranschläge von Brüssel schon zurück. [1][Am 22. März 2016 waren bei | |
Selbstmordattentaten im Flughafen Zaventem und in der Metrostation Maelbeek | |
32 Menschen getötet und Hunderte teils schwer verletzt worden.] Nun hat die | |
juristische Aufarbeitung begonnen – mit einem Mammutprozess, der in die | |
belgische Justizgeschichte eingehen dürfte. | |
Zehn Angeklagte, 12 Geschworene, mehr als 900 Nebenklägerinnen und -kläger | |
– allein schon die Zahl der Prozessbeteiligten ist beeindruckend. Auch der | |
Aufwand, der für den „Prozess des Jahrhunderts“ (Le Soir) betrieben wird, | |
ist enorm. Um die Sicherheit zu gewährleisten, wurde eigens ein Saal auf | |
dem ehemaligen Nato-Gelände am Stadtrand von Brüssel hergerichtet. | |
Die Angeklagten aus dem Milieu des sogenannten Islamischen Staats (IS) | |
sollten zunächst in separaten Kabinen sitzen, wehrten sich jedoch gegen | |
diese „Käfighaltung“. Daraufhin ließ das Gericht unter Leitung von Lauren… | |
Massart (57) eigens eine große Glasbox anfertigen, in der mehrere | |
Angeklagte sitzen können. Dadurch hat sich der Prozessauftakt um mehrere | |
Wochen verzögert. | |
Als es am Montag losging, gab es zunächst noch mehr Probleme: Die Polizei | |
war mit dem Publikumsandrang sichtlich überfordert, zwei Geschworene ließen | |
sich kurzfristig entschuldigen, ein Angeklagter beschwerte sich über die | |
Konditionen beim Transport in den Gerichtssaal. Statt wie geplant um neun | |
Uhr konnte die Vorsitzende Massart den Prozess erst um kurz vor zehn | |
eröffnen. | |
Dem 33-jährigen mutmaßlichen Haupttäter Salah Abdeslam, der bereits wegen | |
der Anschlagsserie 2015 in Paris zu lebenslanger Haft verurteilt worden | |
war, droht erneut lebenslang – wegen 32-fachem terroristischem Mord, | |
versuchtem terroristischen Mord an 695 Menschen sowie Beteiligung an | |
Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung. So lautet die Anklage. Die | |
500 Seiten starke Anklageschrift wird allerdings erst am Dienstag verlesen. | |
Die Befragung der Angeklagten soll dann am 19. Dezember beginnen. | |
## Brüssel stand nicht im Fokus | |
Zwei zentrale Themen des Prozesses zeichnen sich ab: Warum kam es 2016 | |
überhaupt zu Attentaten in Brüssel – und nicht erneut in Paris, wo die | |
Terrorserie 2015 begonnen hatte? Und wieso wurden Flughafen und Metro | |
angegriffen – und nicht der Sitz des belgischen Premiers, der ausgespäht | |
worden war? Folgten die Angriffe einem „Plan B“, nachdem der ursprüngliche | |
Plan gescheitert war? | |
Dafür spricht einiges. Die Anschläge in Brüssel und Paris gehen nach | |
Ansicht der Ermittler auf dieselbe Terrorzelle zurück. Brüssel stand | |
zunächst jedoch nicht im Fokus der Islamisten, von denen viele in der | |
belgischen Hauptstadt aufgewachsen waren. Offenbar schlugen sie erst zu, | |
nachdem Abdeslam im Brüsseler Stadtteil Molenbeek festgenommen worden war. | |
Großes Interesse zieht auch ein weiterer mutmaßlicher Drahtzieher auf sich. | |
Oussama Atar aus dem Brüsseler Vorort Laeken gilt als Mastermind der | |
Attentate von Paris und Brüssel, nimmt an dem Prozess in der belgischen | |
Hauptstadt aber nicht teil – angeblich wurde er bei einem US-amerikanischen | |
Drohnenangriff 2017 in Syrien getötet. Dennoch soll er in Abwesenheit | |
verurteilt werden, wie zuvor schon in Paris. Dort war Atar zu lebenslanger | |
Haft verurteilt worden. | |
5 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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