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# taz.de -- Alternativen zur Fußball-WM: Kein Blues
> Für Katar-Boykoteur:innen probiert die taz Alternativen aus. Dieses Mal:
> Winterschwimmen im Nordlondoner Park Hampstead Heath.
Bild: Winterbaden im Hampstead Heath, Februar 1932
An den Schwimmseen des Nordlondoner Parks Hampstead Heath diskutieren
Schwimmer:innen, die von den Bademeister:innen auf einer kleinen Tafel
mit Kreide gezeichnete Temperatur. Die hiesige Binsenregel heißt: [1][„Für
jedes Grad eine Minute.“] Das bedeutet, dass man bei zehn Grad zehn Minuten
im Wasser bleiben sollte, bei zwei Grad nur noch zwei Minuten.
Die meisten hier tun das ohne Neoprenanzug, viele allerdings, darunter auch
ich, ab einer gewissen Temperatur mit Taucherhandschuhen und Tauchersocken
und dicken Tauchermützen oder Wollmützen. Mit diesen hält man die Kälte
etwas länger aus. Ab und zu hyperventilieren einige vor dem Schwimmen, nach
der Schule des Niederländers Wim Hof, der weltweit als „Eismann“ uralte
indische Atemtechniken zur Kältetoleranz wiedervermarktet.
Das Schwimmen im kalten Wasser soll Depressionen und Schmerzen
unterdrücken, kurbelt den Kreislauf an, verbessert die Abwehrkräfte,
verwandelt weißes Körperfett in gesünderes braunes, [2][die Kälte regt gar
die Bildung von Proteinen an], die das Gehirn schützen sollen.
Für mich als Großbritannienkorrespondent der taz ist [3][diese Art des
Schwimmens] der Ausgleich nach einem typisch gehetzten Tag voller
politischer Intrigen und schwerwiegenden Vorkommnissen, die ich zu strikten
Abgabefristen aufs Papier bringen muss. Wenn ich danach bei um die zehn
Grad oder weniger meine Runden in den Kleinseen ziehe, vergesse ich das
Tagesgeschehen. Stattdessen bin ich mit mir, der Kälte und der umliegenden
Natur beschäftigt, während mir Seemöwen neugierig dabei zusehen.
## Anziehen in verkehrter Reihenfolge
Das ist keineswegs meschugge, sondern bewahrt mich sogar davor auszurasten.
Ich kann hier abschalten. Dass ich mit dem Fahrrad den halben Hügel von
Hampstead hochfahren muss, um zu den Seen zu gelangen, erhöht darüber
hinaus den Fitnessgewinn dieser Aktivität. Jene, die wie ich bereits
mehrere Winter durchgemacht haben – dieses Jahr ist mein achter Winter –,
kennen ihre Grenzen.
Sie wissen, wann es Zeit ist, wieder aus der Kälte auszusteigen, um nicht
im vollkommenen Zittermarsch nach Hause gehen zu müssen. Damit mir nach dem
Schwimmen wieder schnell warm wird, organisiere ich persönlich meine
Anziehsachen auch in verkehrter Reihenfolge. Erst ziehe ich die Mütze auf
und das T-Shirt an, dann Pullover und Anorak, und erst dann Socken,
Unterhose, Hose und Schuhe.
Weil das Schwimmen plötzlich populär wurde, gibt es inzwischen Rennen wie
die Eismeile. Aber die meisten Menschen in den kalten Seen enthalten sich
jeglichen Wettstreits. Ihnen geht es um die innere Ruhe inmitten einer
riesigen Stadt, ihre Gesundheit und um das gesellige Miteinander nach dem
Schwimmen – das alles am besten bei einer warmen Tasse Tee aus einer
Thermosflasche. Von Winter-Blues keine Spur!
22 Nov 2022
## LINKS
[1] /Vizeweltmeister-ueber-Winterschwimmen/!5659496
[2] https://www.hra.nhs.uk/planning-and-improving-research/application-summarie…
[3] /Eisbaden/!5076377
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Schwimmen
Winter
Großbritannien
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Schwerpunkt Sport trotz Corona
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