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# taz.de -- Ägyptischer Klimaforscher über sein Land: „Schützen, was wir h…
> Der Klimagipfel findet am Roten Meer statt. Ein ägyptischer Forscher
> erklärt, warum das Ökosystem wichtig ist – und warum er das aus Tokio
> erforscht.
Bild: Schützenswert: Korallen vor der Küste des Weltklimakonferenz-Austragung…
taz: Zurzeit wird auf der Weltklimakonferenz COP 27 die Zukunft des
Weltklimas in Scharm al-Scheich am Roten Meer verhandelt. Wie bedeutsam ist
das Meer ökologisch?
Ahmed Eladawy: Das Rote Meer ist ein thermisches Refugium – Korallen können
hier also bei einer gewissen globalen Erwärmung bis zum Ende dieses
Jahrhunderts mit größerer Wahrscheinlichkeit überleben als an anderen Orten
der Welt. Um das zu erhalten, muss jedoch viel für seine Erhaltung getan
werden. Denn es gibt einen thermischen Schwellenwert für das
[1][Ausbleichen der Korallen], aber wenn wir das Rote Meer verschmutzen,
wäre der schon früher.
Woran genau forschen Sie?
Ich forsche an dem Ökosystem des Roten Meeres unter dem Einfluss mehrerer
Stressfaktoren – menschlicher Einfluss, Verschmutzung und die Auswirkungen
der globalen Erwärmung. Ich kartiere das Gebiet des Roten Meeres im Detail,
damit wir genau beurteilen können, wie sich Umweltstressoren wie
Verschmutzung oder sogar eine Ölpest auf die Region auswirken könnten.
Welche Probleme gibt es im Roten Meer?
Ägypten ist das Land mit den meisten Einnahmen aus dem Korallentourismus in
der Welt, aber das gesamte Ökosystem von Land und Meer in diesem Gebiet
muss geschützt werden. Es ist sehr schwierig, unter dem Druck der boomenden
Tourismusindustrie ökologische Schutzrichtlinien umzusetzen. Wir versuchen
daher, die ökologische Entwicklung in diesem Gebiet mit der boomenden
Industrie durch solides technisches Verständnis in Einklang zu bringen.
Was muss getan werden, um das Gebiet zu schützen?
Zunächst einmal brauchen wir eine sehr transparente Datenerfassung und
Datenverarbeitung zwischen Regierung und Forschenden. Und zweitens brauchen
wir Mindestrichtlinien für die gesamten Küstengebiete – so wie es sie in
Europa oder den USA gibt – je nach den spezifischen örtlichen Gegebenheiten
und Bedürfnissen.
Wir können die industrielle Entwicklung nicht aufhalten, aber zumindest die
Gebiete schützen, die am wichtigsten und schutzbedürftigsten sind. Mit
einer detaillierten Kartierung des Gebietes könnten wir diese definieren
und dafür plädieren, aber im Moment geschieht das Gegenteil: Die
industriellen Investoren suchen sich die reichhaltigsten Gebiete aus.
Sie forschen als Ägypter von Tokio aus über das Rote Meer. Warum?
Wir haben eine Menge Forschung vor Ort, aber uns fehlt die sehr gut
organisierte Simulationseinrichtung für das Rote Meer. Und in Tokio haben
wir einen extrem leistungsfähigen Supercomputer, den wir für diese
Simulation nutzen können. Es ist also von entscheidender Bedeutung, das
globale Wissen mit der lokalen Forschung zum Roten Meer zu verknüpfen.
Wie ist der Stand der Klimaforschung in Ägypten?
Wir haben sehr talentierte Forscher*innen in und aus Ägypten, deren
Berichte auch in den [2][IPCC-Berichten] zitiert werden. Aber es gibt immer
noch einige Lücken bei multidisziplinärer Forschung und der Finanzierung.
Außerdem müsste sich der Datenaustausch zwischen den Behörden und unseren
Forschungsergebnissen verbessern. Wir brauchen also vollen Zugang zu den
Details der geplanten Projekte in ganz Ägypten.
Warum werden die Daten noch nicht zwischen Regierung und
Wissenschaftler*innen ausgetauscht?
Das liegt wahrscheinlich vor allem an Interessenkonflikten. Das ist ein
großes Problem in Ägypten: Wir sollten Forscher mit ausreichenden Mitteln
unterstützen, damit sie unsere Umwelt unabhängiger erforschen können, aber
das Umweltministerium hat hier wenig Macht.
Wir haben in Ägypten eine wirklich reichhaltige Umwelt, die auch CO2
bindet. Es ist wichtig, dass wir nicht nur in grüne Technologie
investieren, sondern das bewahren, was wir bereits haben. Dies könnte nicht
nur für Ägypten, sondern auch für die weltweiten Bemühungen zur Eindämmung
des Klimawandels von großem Wert sein.
Sieht die ägyptische Bevölkerung das auch so?
Viele Landwirt*innen und Fischer*innen in Ägypten spüren die
[3][Auswirkungen des Klimawandels] jetzt schon. Sie brauchen also
niemanden, der ihnen sagt, dass der Klimawandel existiert. Was sie aber
brauchen, ist eine Beteiligung an den Anpassungs- und Schutzmaßnahmen. Wir
brauchen mehr dezentralisierte Systeme für die Bewirtschaftung lokaler
Ressourcen und des Wassers. Ja, wir haben Probleme im Roten Meer, aber wenn
wir die Menschen vor Ort mit einbeziehen, würde sich das Problem viel
weniger verschärfen.
17 Nov 2022
## LINKS
[1] /Artensterben-durch-Erderhitzung/!5830659
[2] /Forderungen-des-IPCC-Berichts/!5836887
[3] /Folgen-des-Klimawandels/!5838008
## AUTOREN
Jelena Malkowski
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Klimakonferenz in Dubai
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