# taz.de -- Schwere Kämpfe im Ostkongo: Kongos Armee sucht die Entscheidung | |
> Kongo will die M23-Rebellen zerschlagen und Verhandlungen mit ihnen | |
> überflüssig machen. Doch die Rebellen schlagen zurück. | |
Bild: Alles mitnehmen, was aufs Motorrad passt: Zivilisten verlassen das umkäm… | |
KAMPALA taz | Es ist kalt und nass, klagt [1][Bertrand Bisimwa] am Telefon. | |
Der Präsident der kongolesischen Rebellenbewegung M123 (Bewegung des 23. | |
März) hat sich in der ostkongolesischen Grenzstadt Bunagana einquartiert, | |
die in Rebellenhand ist, direkt an der ugandischen Grenze. Jetzt ist | |
Regenzeit und hoch oben in den Vulkanbergen entlang der Grenzen zu Ruanda | |
und Uganda, wo sich die M23-Kämpfer verschanzt haben, kann es nachts sehr | |
kalt werden. Bisimwa klingt heiser. Fast die ganze Truppe sei erkältet, | |
berichtet er. | |
Es sei nun der entscheidende Moment für die Zukunft der ganzen Region, sagt | |
Bisimwa. Am 21. November soll in Kenias Hauptstadt Nairobi unter | |
Vermittlung von Kenias Ex-Präsident Uhuru Kenyatta eine große | |
Gesprächsrunde beginnen: Sämtliche kongolesische Milizen und Rebellen sind | |
eingeladen, mit Kongos Regierung zu verhandeln. Im April gab es ein solches | |
Treffen schon einmal, ohne greifbares Ergebnis. Damals hatte sich Kongos | |
Regierung geweigert, mit der M23 zu verhandeln. Sie nannten die | |
Tutsi-Rebellen „Terroristen“, die es militärisch zu besiegen gelte. Aber | |
damals kontrollierte die M23 noch keine Städte im Ostkongo. | |
Im Juni nahm die M23 Bunagana ein, in den vergangenen Wochen hat sie immer | |
mehr Orte und Städte unter ihre Kontrolle gebracht. Die Armee zog sich | |
zurück, um sich zu reorganisieren. Jetzt hat die Armeeführung neue schwere | |
Waffen sowie Kampfhubschrauber, Kampfjets und Kampfdrohnen aufgefahren. Es | |
toben seit einigen Tagen schwere Kämpfe. Am Samstag gelang es den | |
M23-Kämpfern, vier Panzer der Armee unschädlich zu machen. Stolz zeigt | |
Bisimwa Fotos, wie seine Kämpfer auf dem Kriegsgerät sitzen. | |
Die Panzer sollten die Millionenstadt Goma verteidigen. Sie waren im Dorf | |
Kibumba stationiert, 25 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt, eine | |
strategische Position, wo der Regenwald aufhört und die Savanne anfängt. | |
Von hier aus hatte die M23 vor fast genau zehn Jahren [2][Goma eingenommen] | |
und Kongos Armee in die Knie gezwungen. Die Regierung musste letztlich mit | |
der M23 verhandeln. Eine erneute solche Blamage will Kongos Armee jetzt | |
vermeiden. Am Sonntag gab es Berichte, sie sei wieder in Kibumba eingerückt | |
– aber die M23 soll weiterhin die Hügel rings um das Dorf kontrollieren. | |
## Rebellen wollen Eroberungen als Faustpfand behalten | |
Auf die Frage der taz, ob der Rebellenchef bereits die Koffer gepackt habe, | |
um nach Nairobi zu reisen, seufzt Bisimwa tief. „Wir haben noch immer keine | |
Einladung erhalten“, sagt er: „Wir wissen nur, was Kongos | |
Regierungssprecher in der Pressekonferenz gesagt hat.“ Kongos Regierung hat | |
den Rebellen am Freitag Bedingungen gestellt: Sie sollen das eroberte | |
Gebiet inklusive Bunagana aufgeben und sich zurückziehen – am besten in ein | |
Nachbarland. Kongos Regierung beschuldigt Ruanda und Uganda, die M23 zu | |
unterstützen. | |
Das wäre dasselbe Szenario [3][wie 2013], als die M23 nach ihrem ersten | |
Krieg gegen Kongos Regierung aufgeben musste. Nach heftigen Luftangriffen, | |
unterstützt durch UN-Blauhelme, waren die damals über 1000 M23-Kämpfer über | |
den Grenzposten [4][in Bunagana] nach Uganda gerannt, um vor den Bomben | |
Schutz zu suchen. Dort wurden sie von Ugandas Armee kaserniert, während die | |
politischen Verhandlungen in Nairobi liefen, die dann folgenlos blieben. | |
Diesen Fehler mache die M23 jetzt nicht noch einmal, warnt Bisimwa. „Wir | |
haben schon so viele Vereinbarungen unterzeichnet, die Regierung hat sie | |
nie umgesetzt“, klagt er. Seine Kämpfer würden das eroberte Gebiet nicht | |
freiwillig räumen. | |
Damit wird die Bevölkerung dieses Gebietes, einschließlich der | |
Distrikthauptstadt Rutshuru, zu menschlichen Schutzschilden der Rebellen.Am | |
Sonntag verschickt Bisimwa eine Pressemitteilung über „die barbarische | |
Bombardierung der dicht bevölkerten Gebiete“ durch die Armee. 15 Zivilisten | |
im M23-Gebiet seien durch Angriffe am Samstag umgekommen, darunter zwei | |
Kinder. „Wir kämpfen nicht für militärische Ziele, sondern für politische… | |
erklärt er der taz. Die Eroberungen sollten die Regierung zu politischen | |
Gesprächen zu zwingen. | |
## Truppen aus Kenia – aber wofür? | |
Die M23-Forderungen, die Bisimwa aufzählt, sind dieselben wie 2012/13: | |
Friede im Ostkongo, die Rückkehr der kongolesischen Tutsi-Flüchtlinge aus | |
den Nachbarländern – die meisten sind Angehörige der M23-Kämpfer, die | |
während der Pogrome gegen die Tutsi in den späten 1990er Jahre aus Kongo | |
fliehen mussten. „Viele Probleme sind sogar noch schlimmer geworden“, sagt | |
Bisimwa. Kongos Präsident hetze die Bevölkerung auf. Überall würden jetzt | |
Milizen gegründet, um die Armee zu unterstützen. „Anstatt die | |
Arbeitslosigkeit der Jugend anzugehen, stachelt er sie gegen uns auf.“ | |
Unterdessen sind am Samstag [5][in Goma Truppen aus Kenia eingetroffen]. | |
Die Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) schicken Soldaten nach | |
Ostkongo – Kongos Regierung hofft, die EAC-Truppen würden ihnen helfen, die | |
M23 zu besiegen. | |
Doch die militärischen Pläne, die der taz vorliegen, besagen, dass die | |
Kenianer nur eine Pufferzone zwischen der Armee und den M23 einrichten | |
sollen – während in Nairobi verhandelt wird. Am Sonntag trafen sich Kenias | |
Vermittler Uhuru Kenyatta und Kongos Präsident Tshisekedi in Kinshasa..„Wir | |
sind zuversichtlich, die Kenianer kennen unsere Probleme sehr gut“, sagt | |
Bisimwa. | |
13 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/bbisimwa | |
[2] /Rebellen-im-Kongo/!5078401 | |
[3] /Kaempfe-im-Kongo/!5055635 | |
[4] /Krieg-im-Kongo/!5075169 | |
[5] https://www.youtube.com/watch?v=eZgwxo36HJI | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Ostkongo | |
M23-Rebellen | |
Afrobeat | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Machtkämpfe in der DR Kongo: Tropensturm mit Ansage | |
In einem Jahr sollen in der Demokratischen Republik Kongo Wahlen | |
stattfinden. Die explosive politische Konstellation weist in Richtung | |
Bürgerkrieg. | |
Kämpfe im Osten Kongos: M23-Rebellen ziehen nicht ab | |
Ein Ultimatum der Regierungen der Region an die M23-Rebellen verstreicht | |
ergebnislos. M23 verlangt direkte Gespräche mit Kongos Regierung. | |
M23-Rebellenchef über Kongo: „Aufgezwungener Krieg“ | |
Im Osten des Kongo hat die Rebellenbewegung M23 wieder zu den Waffen | |
gegriffen. Ihr Präsident Bertrand Bisimwa erklärt, wovon Frieden abhängt. | |
Krieg mit M23-Rebellen in Kongo: Rebellen zielen auf Goma | |
Die Rebellenbewegung M23 rückt im Osten Kongos auf die Millionenstadt Goma | |
vor. Panik bricht unter Kriegsvertriebenen aus. | |
Krise zwischen Kongo und Ruanda: Diplomatie gegen die Hitzköpfe | |
Die Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas führen | |
Gespräche, um ihre politische Krise zu lösen. Derweil landen in Goma | |
Kampfjets. | |
Nach M23-Eroberungen im Osten Kongos: Kongo macht gegen Ruanda mobil | |
Nach den Erfolgen der M23-Rebellen weist Kongo den Botschafter Ruandas aus. | |
In Goma fordern Tausende bei Protesten Krieg gegen das Nachbarland. | |
Bewegung des 23. März in der DR Kongo: Rebellen auf dem Vormarsch | |
Die Rebellen der Bewegung des 23. März machen in der DR Kongo weiter Boden | |
gut. Sie besetzen nun auch Rutshuru und Rumangabo. |