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# taz.de -- Lange Nachspielzeiten bei der WM: Ein Spiel dauert
> Die Partien werden länger, die sogenannte Nettospielzeit steigt. Aber
> braucht es wirklich die Basketballisierung des Fußballs?
Bild: Ob es das wirklich braucht? 14 Minuten Zugabe
Meine Augen tun sich bisweilen schwer, dem [1][Fußball von heute] zu
folgen. Sie sind eine Welt gewöhnt, in der die Balljungen jedem Ball, der
weit hinters Tor gejagt wurde, hinterherlaufen mussten, in der der Torwart
warten musste, bis der Knabe ihn herbeigebracht hatte, was besonders lange
gedauert hat, wenn er in die Zuschauerränge gedroschen worden war. Und so
bleibt mein Auge bis heute oft auf dem verschossenen Ball, und ich bekomme
erst Sekunden später mit, dass das Spiel schon wieder läuft. Längst liegen
am Spielfeldrand Bälle bereit, die eine sofortige Wiederaufnahme des Spiels
möglich machen.
Nun frage ich mich, wie lange es wohl dauern wird, bis ich mich daran
gewöhnt habe, dass Fußballspiele so lange dauern, wie früher ein
Fußballspiel mit Verlängerung gedauert hat. [2][Pierluigi Collina,
Oberschiedsrichter der Fifa,] ist darauf bedacht, die Nettospielzeit zu
erhöhen, und hat die Unparteiischen dieser WM angewiesen, jede
Unterbrechung nachspielen zu lassen. Warum er das getan hat? Hmm.
Die zahlreichen Freunde des gepflegten Fußballspiels jedenfalls haben nicht
nach dieser Neuerung gerufen. Klar, fast alle haben sich schon einmal
darüber aufgeregt, dass der Schiedsrichter zu wenig hat nachspielen lassen.
Oder zu viel. Spielverzögerungen – ja, die sind nervig, aber die
Schiedsrichtenden haben das Werkzeug der Verwarnung, wenn es einer
übertreibt. Mir ist kein Fußballvolksaufstand bekannt, dessen Forderung es
wäre, die Nettospielzeit nennenswert zu erhöhen. 14 Minuten Zugabe bei
einem Endergebnis von 6:2 wie im Spiel der Engländer gegen Iran in der
zweiten Hälfte – hat danach wirklich jemand gerufen?
Collina meint es vielleicht gut, wenn er denkt, 90 Minuten Spielzeit sollen
bedeuten, dass 90 Minuten Fußball gespielt wird. Aber war das wirklich so
gedacht? Und wer profitiert von dieser Basketballisierung des Fußballs? Es
sind die großen Teams mit einem breiten Kader. Die haben ja nun – [3][auch
so eine Regeländerung] – die Möglichkeit, fünf ihrer Spieler gegen fünf in
etwa gleichwertige auszutauschen, und können relativ frisch mit
Spitzenkräften minutenlang nachspielen, während andere Teams, die
vielleicht nur elf erstklassige Spieler haben, nur noch hinterherhecheln
können. Saudi-Arabien hat dennoch gegen Argentinien gewonnen – trotz 14
Minuten Nachspielzeit. Schön eigentlich.
Und ich frage mich, wie lange es wohl dauert, bis ich nicht mehr denke,
dass ein Spiel gleich aus ist, wenn es in die 89. Minute geht.
26 Nov 2022
## LINKS
[1] /Beginn-der-Fussball-WM-in-Katar/!5892423
[2] /Debatte-um-VAR-und-neue-Regeln/!5603718
[3] /Neue-Abstimmung-ueber-Torlinientechnik/!5027122
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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