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# taz.de -- Spendengelder gefährdet: Ukraine-Geld im Pleitensumpf
> Das Rote Kreuz in Goslar sammelte 400.000 Euro für Ukraine-Flüchtlinge.
> Doch das Geld kann nicht ausgezahlt werden: Der Kreisverband ist
> insolvent.
Bild: Brauchen manchmal selbst Hilfe: Mitarbeiter des Roten Kreuzes – hier al…
Göttingen taz | Im Februar war noch alles gut. Da erhielt der Kreisverband
Goslar des [1][Deutschen Roten Kreuzes] (DRK) den mit 10.000 Euro dotierten
Goslarer Ehrenamtspreis für herausragendes ehrenamtliches Engagement.
Inzwischen ist der DRK-Kreisverband insolvent – und deshalb sind mehr als
300.000 Euro Spendengeld, die für Flüchtlinge aus der Ukraine gesammelt
wurden, blockiert. Ob sie später doch noch für ihren ursprünglichen Zweck
genutzt werden können, ist fraglich.
Das [2][Insolvenzverfahren] gegen den Kreisverband wurde Anfang September
eröffnet. Ausgangspunkt war eine finanzielle Schieflage bei der
DRK-Tochterfirma „Pflege und Service GmbH“. Diese Gesellschaft betreibt ein
Seniorenheim in Clausthal-Zellerfeld sowie zwei Sozialstationen mit
Tagespflege. Eigentümer der Immobilien ist aber der DRK-Kreisverband, er
kassiert von der Pflege-GmbH eine Miete.
„Wie im Domino-Effekt“, so die Goslarsche Zeitung, war nach der insolventen
Pflege-GmbH auch der gesamte DRK-Kreisverband mit 75 Mitarbeitenden von den
finanziellen Turbulenzen betroffen und musste deshalb selbst Insolvenz
anmelden. Als Insolvenzverwalter wurde der Braunschweiger Rechtsanwalt und
Finanzfachmann Peter Steuerwald bestellt.
Die 75 Beschäftigten arbeiten etwa in der Kinderbetreuung und der
Hauswirtschaft. Ihre Löhne und Gehälter immerhin sind bis einschließlich
November durch die Agentur für Arbeit gesichert.
## Geld für den Mutter-Kind-Spielkreis
Im Frühjahr hatten der DRK-Kreisverband und die Goslarsche Zeitung ihre
Spendenaktion für Geflüchtete aus der Ukraine gestartet. Mehr als 370.000
Euro kamen dabei zusammen. Rund 65.000 Euro davon wurden bisher an mehrere
Projekte in der Region vergeben.
Geld erhielten etwa der Kinderschutzbund Goslar, die Kinder- und
Jugendstiftung Langelsheim, der Verein „Goslar hilft der Ukraine“, die
Initiative „Bürger helfen Bürgern“ in Clausthal-Zellerfeld, die Tafeln in
mehreren Orten, eine Kirchengemeinde sowie eine Gruppe, die in Goslar einen
Mutter-Kind-Spielkreis für deutsche und ukrainische Familien aufbaut.
Das Einsammeln der Spenden und die Weitergabe des Geldes an die
begünstigten Projekte erfolgte über ein eigens eingerichtetes Konto des
DRK, das Rote Kreuz als gemeinnützige Organisation konnte so auch
Spendenquittungen ausstellen. Alle Spender, die eine Spendenbescheinigung
ab 200 Euro angefordert hatten, erhielten nach Angaben der Goslarschen
Zeitung auch eine Quittung dafür, bei kleineren Spenden reicht dem
Finanzamt der Überweisungsbeleg.
Viele weitere Initiativen und Organisationen haben bereits Anträge auf
Förderung gestellt, teilweise hat eine eigens eingesetzte Kommission auch
schon darüber entschieden, wer wie viel Geld erhält. Doch die noch auf dem
Konto liegenden 306.000 Euro dürfen nun zumindest vorerst nicht angetastet
und ausgezahlt werden – so jedenfalls die rechtliche Position des
Insolvenzverwalters.
Steuerwalds Stellungnahme besagt im Kern, dass das verbliebene Spendengeld
für die Ukraine-Hilfe deshalb gesperrt ist, weil es insolvenzrechtlich dem
DRK-Kreisverband zuzuordnen sei. Gespendet worden sei „in dem (bloßen)
Vertrauen“, dass die Goslarsche Zeitung und das Rote Kreuz das Geld der
Flüchtlingshilfe zukommen lassen würden. Es handele sich bei den 306.000
Euro also nicht um das Vermögen Dritter und müsse dementsprechend der
Insolvenzmasse zugeschlagen werden.
Im Klartext: Statt der [3][Ukraine-Initiativen] sollen die Gläubiger des
Kreisverbandes das Geld bekommen. Und zum Teil auch Steuerwald selbst als
Honorar für seine Tätigkeit in der Causa. Menschlich passe ihm dieses
Ergebnis aber nicht, betont der Insolvenzverwalter, der sich in seiner
Bewertung nach eigenen Angaben auf eine Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes stützt.
Die Vergabe-Kommission und die Goslarsche Zeitung wollen sich mit
Steuerwalds Rechtsauffassung allerdings nicht abfinden und nach eigenem
Bekunden alles daransetzen, dass die Spendengelder „schnellstmöglich“
wieder für Hilfsprojekte zur Verfügung stehen. Mit diesem Ziel sollen
Juristen nun die Stellungnahme des Insolvenzverwalters überprüfen.
Gleichzeitig wurden potenzielle Spender aufgerufen, bis auf Weiteres kein
Geld auf das Sonderkonto des [4][DRK-Kreisverbandes] zu überweisen.
Gegen diese Organisatoren der Spendenaktion regt sich Unmut. „Will man hier
vom eigenen Versagen ablenken?“, fragt ein Leser im Kommentarbereich der
Goslarschen Zeitung. Tatsächlich erscheint es schwer verständlich, warum
viele Monate nach Kriegsbeginn noch immer rund 80 Prozent der Spendengelder
ungenutzt auf dem Bankkonto liegen.
22 Nov 2022
## LINKS
[1] /taz-Recherche-zu-Rettungsleitstellen/!5891884
[2] /136000-Versicherte-und-300-Mitarbeiter/!5786582
[3] /Unterbringung-von-Gefluechteten-in-Berlin/!5887611
[4] https://www.drk-goslar.de/
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Goslar
Deutsches Rotes Kreuz
Ukraine
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