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# taz.de -- Berlin vor der Wahlwiederholung: Urteil am Buß- und Bettag
> Das Landesverfassungsgericht verkündet seine Entscheidung zur Pannenwahl
> 2021 an einem ganz besonderen Tag.
Bild: Mittwoch verkündet das Verfassungsgericht – hier bei der Verhandlung i…
Zufall oder nicht? Wenn das Verfassungsgericht am Mittwoch in einem
Prunksaal in der Schöneberger Elßholzstraße das Land zu einer
Wahlwiederholung verpflichtet, könnte es dafür kaum einen besseren Termin
geben. Dann ist nämlich [1][Buß- und Bettag] – jener protestantische
Feiertag, bei dem es um Fehlverhalten und Wiedergutmachung geht.
Und fehlgelaufen und wiedergutzumachen ist so einiges am 26. September 2021
bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den zwölf Bezirksparlamenten:
Teils fehlten Stimmzettel, teils gab es die falschen, und oft bildeten sich
lange Schlangen vor den Wahllokalen. Für die Bundestagswahl galt das auch,
aber das fällt nicht in die Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts.
Das ist übrigens beim Kammergericht zu Hause – das zwar nicht so alt ist
wie die Bibel, aber laut Wikipedia schon 1468 urkundlich erwähnt wurde.
Der Feiertag geht auf eine Stelle im älteren Teil des Bibel zurück, dem
Alten Testament. Darin schickt Gott Jona – der sich dem hatte entziehen
wollen und deshalb [2][kurzzeitig in einem Wal landete] – zur Stadt Ninive,
um ihr angesichts ihres sündhaften Verhalten den Untergang 40 Tage später
anzukündigen.
Im aktuellen Fall, in dem aus dem biblischen Ninive Berlin wird, das
allerdings nicht nur in der Krimiserie „Babylon Berlin“ mit einem ähnlichen
Sündenbabel gleichgesetzt wird, liegt zwischen Schuldspruch und Sühne etwas
mehr Zeit. Binnen 90 Tagen nach dem Urteil muss es, nicht gemäß Altem
Testament, sondern [3][laut Wahlgesetz], zur Wiederholungswahl kommen. Die
ist aus Sicht des Gerichts – so schon kundgetan in einer mündlichen
Verhandlung im September – nötig, um das Vertrauen in die Demokratie
wiederherzustellen. Weil vorher noch Zeit für Wahlkampf sein und der nicht
schon zu Weihnachten starten soll, gilt der 12. Februar, letztmöglicher
Sonntag in der 90-Tage-Frist, als wahrscheinlicher Wahltermin.
In der Bibel hat derartige Umkehr und Abbitte funktioniert. „Als aber Gott
ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das
Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.“ Nun gilt Berlin
nicht gerade als das Epizentrum der Bibelfesten, auch von der „Hauptstadt
der Atheisten“ war schon mal zu lesen. Aber einiges an Umdenken ist
durchaus passiert: die Wahlleitung ist neu, mehr und besser denn je
honorierte Hilfe soll schon für die Wahllokale organisiert sein.
Als gesetzlicher Feiertag wurde der Buß- und Bettag übrigens 1994
bundesweit außer in Sachsen abgeschafft – um die Pflegeversicherung zu
finanzieren.
16 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.ekd.de/Buss-und-Bettag-10836.htm
[2] https://www.katholisch.de/artikel/18729-warum-der-prophet-jona-an-gott-verz…
[3] https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-WahlGBEV6P21
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
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