# taz.de -- Gerichtsbeschluss zu Carsharing: In der Hauptsache offen | |
> Das Oberverwaltungsgericht stützt die Interpretation, dass „Freefloating“ | |
> keine Straßensondernutzung ist. Aber die Schlacht ist noch nicht | |
> geschlagen. | |
Bild: Sollen eigentlich im Rahmen von Carsharing privilegiert werden: E-Autos | |
Die Senatsverwaltung für Mobilität von Bettina Jarasch (Grüne) hat in | |
Sachen Carsharing-Regulierung noch einmal zurückstecken müssen: Wie noch am | |
Donnerstag bekannt wurde, [1][hat das Oberverwaltungsgericht | |
Berlin-Brandenburg] die Beschwerde der Verwaltung gegen den | |
[2][Eilbeschluss des Berliner Verwaltungsgerichts vom 1. August] | |
zurückgewiesen. Damals hatten die RichterInnen vorläufig festgestellt, dass | |
stationsungebundenes Carsharing – sogenanntes Freefloating – nicht als | |
Sondernutzung öffentlichen Straßenlands gelten kann. Der jetzige Beschluss | |
des Oberverwaltungsgerichts ist nicht mehr anfechtbar. | |
Das bedeutet allerdings nicht, dass abschließend geklärt ist, ob der Senat | |
mit seiner Einstufung des Carsharings als Straßen-Sondernutzung tatsächlich | |
falsch liegt. Der Beschluss vom Donnerstag stützt lediglich die | |
Eilentscheidung vom August, gleichzeitig ist noch das Hauptsacheverfahren | |
anhängig. Wann dieses zum Abschluss kommt, ist offen. Zumindest theoretisch | |
kann Jaraschs Haus also noch darauf hoffen, dass die eigene | |
Rechtsinterpretation bestätigt wird. Allerdings hatte schon das | |
Verwaltungsgericht in der Begründung seines Eilbeschlusses vermerkt, man | |
sehe „hohe Erfolgsaussichten für die Antragstellerinnen im | |
Hauptsacheverfahren“. | |
Bei diesen Antragstellerinnen handelt es sich um die Carsharing-Firmen | |
WeShare und Share Now. Diese hatten sich juristisch dagegen gewehrt, dass | |
ihre Tätigkeit seit der letzten Novelle des Berliner Straßengesetzes als | |
genehmigungspflichtige Sondernutzung eingestuft wird. Das würde dem Senat | |
die Möglichkeit geben, ihr Geschäftsgebaren sowohl durch Gebühren als auch | |
durch Regularien – sogenannte Nebenbestimmungen – zu lenken. | |
Denn auch wenn es erklärtes Ziel von Rot-Grün-Rot ist, Carsharing als | |
nachhaltiges Mobilitätsangebot zu fördern, soll das differenziert | |
geschehen: So will man bewirken, dass die Unternehmen mehr E-Fahrzeuge | |
einsetzen und mehr Präsenz in den weniger lukrativen, weil dünner | |
besiedelten Außenbezirken zeigen. | |
WeShare und Share Now argumentieren, es sei keine Sondernutzung, sondern | |
vielmehr die „bestimmungsgemäße Nutzung“ einer Straße, wenn ihre Fahrzeu… | |
dort – durch ihre MitarbeiterInnen oder ihre KundInnen – geparkt werden. | |
Schließlich stünden sie dort ausschließlich für Verkehrszwecke zur | |
Verfügung. Die VerwaltungsrichterInnen unterstützten diese Sichtweise unter | |
Verweis auf eine Rechtsprechung im Bund, die Freefloating als | |
„Gemeingebrauch“ von Straßenland beurteilt hat. | |
In einer Pressemitteilung der Senatsverwaltung vom Freitag hieß es nun, man | |
„akzeptiere“ die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, „dass Carshari… | |
ohne feste Station keine straßenrechtliche Sondernutzung darstellt“. Auf | |
Nachfrage der taz präzisierte ihr Sprecher allerdings, die Bestimmung im | |
Berliner Straßengesetz sei durch die Bestätigung der Eilentscheidung | |
keineswegs nichtig – diese gewähre den Klägerinnen lediglich einstweiligen | |
Rechtsschutz. | |
## Und was ist mit den anderen? | |
Unklar ist zudem, was nun mit Carsharing-Anbietern wie dem Unternehmen | |
„Miles“ geschieht, die nicht geklagt, sondern eine Sondernutzungserlaubnis | |
beantragt und auch erhalten haben. „Mögliche Rechtsfolgen“ für diese Firm… | |
seien „aktuell noch in der Prüfung“, so Jaraschs Sprecher. | |
Theoretisch könnte es darauf hinauslaufen, dass solche Firmen gegenüber den | |
erfolgreichen Klägerinnen finanziell privilegiert werden. Denn während die | |
noch in Vorbereitung befindliche neue Gebührenverordnung für die | |
Straßensondernutzung gar keine Gebühren für stationsungebundenes Carsharing | |
vorsieht, sollten die Freefloater-Firmen umgekehrt von der geplanten | |
Erhöhung der allgemeinen Parkgebühren ausgenommen werden. Dazu müssten sie | |
aber besagte Sondergenehmigung besitzen. | |
28 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilu… | |
[2] /Regulierung-von-Carsharing-in-Berlin/!5870558 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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