# taz.de -- Friedensvertrag für Tigray: Kollektives Leid, kollektiver Hass | |
> Kann ein von oben verordneter Friede die Gewalt in Äthiopien beenden? Das | |
> ist ungewiss. Trotzdem verdient der neue Vertrag entschlossene | |
> Unterstützung. | |
Bild: Pretoria, 2. November: Vertreter der äthiopischen Regierung und der TPLF… | |
Es gibt gute Gründe, auf den Friedensschluss zwischen Äthiopiens Regierung | |
und den TPLF-Rebellen in der [1][Region Tigray] mit großer Skepsis zu | |
regieren. Nachdem beide Seiten zwei Jahre lang ihre Soldaten verheizt haben | |
und ihren Krieg zum Kampf ums Überleben erklärten, reicht es nicht, sich | |
eine Woche lang in Südafrika als „Brüder“ anzusprechen und den sofortigen | |
Frieden auszurufen. Das entspricht zwar dem traditionell autoritären | |
äthiopischen Politikverständnis, in dem alles von ganz oben entschieden und | |
nichts dem Volk erklärt wird, aber es war ja nicht nur ein Krieg zwischen | |
zwei Machteliten, sondern Millionen von Menschen mussten daran teilnehmen | |
und haben darunter gelitten. | |
Kollektives Leid gerät nicht per Federstrich in Vergessenheit, und | |
kollektiver Hass lässt sich nicht nach politischer Opportunität abstellen. | |
Diejenigen, die jetzt miteinander von Frieden und Versöhnung | |
schwadronieren, sind dieselben, die vor zwei Jahren gegeneinander in die | |
Schlacht zogen, ohne Rücksicht auf Verluste. | |
Und dennoch ist der [2][Tigray-Friedensvertrag von Pretoria] ein | |
historisches Ereignis, das globale Unterstützung erfordert. In einem | |
[3][außerordentlich brutalen Konflikt], wo noch vor Kurzem alles nach einer | |
immer blutigeren Eskalation aussah, ist es Vermittlern der Afrikanischen | |
Union gelungen, die Konfliktparteien nicht nur an einen Tisch zu bringen, | |
sondern ihnen auch außerordentlich weitreichende gegenseitige | |
Verpflichtungen abzuringen. Ihnen gebührt Anerkennung dafür, auch gegen | |
große Widerstände nicht lockergelassen zu haben. | |
Die Unterzeichnung war dabei der einfachste Teil. Das Friedensabkommen | |
tatsächlich umzusetzen – diese Mammutaufgabe kann nicht der Afrikanischen | |
Union überlassen werden, die nicht für Expertise auf diesem Gebiet bekannt | |
ist. Regierungen weltweit haben das Abkommen begrüßt. Jetzt müssten sie mit | |
einem entschlossenen Unterstützungsangebot nachlegen, das den | |
Friedensprozess für beide Seiten unumkehrbar macht. | |
3 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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