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# taz.de -- Vogelbestand in Niedersachsen und Bremen: Manche Vögel sind noch da
> Wer in Niedersachsen Vögel beobachten will, hat es zunehmend schwer: Die
> Bestände schwinden drastisch. Die „Rote Liste der Brutvögel“ ist
> alarmierend.
Bild: Noch nicht ausgestorben, aber extrem selten: der Bienenfresser
Osnabrück taz | Es wimmelt von ihnen, könnte man denken: Brutvögel wie
Rohrammer und Erlenzeisig, Schwarzkopfmöwe und Nachtigall. Wälder und Moore
sind voll von ihnen, Salzwiesen und Küstendünen, Röhrichte und Wiesen.
[1][Aber das täuscht.] Wer sich durch Fassung neun der „Roten Liste der
Brutvögel Niedersachsens und Bremens“ arbeitet, Mitte des Jahres
vorgestellt durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft,
Küsten- und Naturschutz (NLWKN), ist ernüchtert.
„Erschreckende Ergebnisse“ hatte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies
(SPD) zu den 212 in Niedersachsen brütenden Arten mitzuteilen: 43 Prozent
aller Arten fallen in die [2][Gefährdungskategorien der Roten Liste],
weitere 14 Prozent stehen auf der Vorwarnliste.
Von einem „ungeheuren Aderlass an heimischer Biodiversität“ spricht
Diplom-Biologe Thorsten Krüger von der Staatlichen Vogelschutzwarte im
NLWKN, Mitautor der Studie. „Das Verschwinden von Arten und der Rückgang
der Individuenzahlen in unserer Landschaft haben eine neue Dimension
erreicht.“
Die Studie spiegelt den Stand von 2021 und mahnt, es sei „noch nie zuvor
bei einem so großen Anteil heimischer Brutvogelarten ein negativer
Bestandstrend innerhalb der letzten 24 Jahre festzustellen“ gewesen. 15
der 212 Arten seien ausgestorben oder „verschollen“, 36 vom Aussterben
bedroht, elf stark gefährdet, 22 gefährdet, acht extrem selten geworden.
30 stehen auf der Vorwarnliste.
## Intensive Landwirtschaft großes Problem
Das sei besorgniserregend, resümiert die Studie. Die Ursachen seien
„allenthalben bekannt“, Wege aus der Krise „umfangreich dargelegt“. Es …
indes „erhebliche Defizite“ in der Anwendung zur Verfügung stehender
Instrumente.
Besonders gravierendes Beispiel: das landwirtschaftliche Offenland. 15 von
20 primär hier siedelnden Arten sind gefährdet oder bereits ausgestorben,
drei weitere stehen auf der Vorwarnliste – ein [3][Resultat intensivierter
Landnutzung durch die Agrarwirtschaft], die Lebensräume verändert und
zerstört, Nahrungsangebote verringert, die Landschaft mehr und mehr von
allem leerräumt, was keinen Profit bringt.
Die Rote Liste zeige den „Handlungsdruck“, sagt Lies. Und dann zählt er
auf, dass es ja besser wird. Eine „ganz wichtige Säule, um dieser
Entwicklung entgegenzuwirken“, sieht er im niedersächsischen Weg, einer
Vereinbarung zwischen Landesregierung, Landvolk, der Landwirtschaftskammer
und Natur- und Umweltverbänden, den Natur- und Artenschutz zu fördern und
sorgsam mit der „Ressource Landschaft“ umzugehen. Das werde „auch den
Vogelschutz konsequent wie noch nie angehen“.
Auch das von der EU geförderte Projekt „GrassBird Habitats“ führt er an.
Außerdem brauche Vogelschutz „internationale Antworten“.
## Naturschutzbund widerspricht Umweltminister
Der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen sieht die Lage [4][weniger
optimistisch]. „Aus unserer Sicht ist derzeit keine Trendumkehr zu
erwarten“, sagt Nabu-Sprecher Matthias Freter. „Dazu benötigt es Änderung…
in der Gesetzgebung. Erst wenn konsequent Maßnahmen beschlossen werden, die
dem Vogelschwund entgegenwirken, wäre eine Besserung in Sicht.“
Vögel sterben an Autoscheiben, durch die Jagd, durch Flächenversiegelung.
Manchmal werden sie aber auch durch Gutes gefährdet. Ein Problem:
Windkraftanlagen, die Vögel schreddern. Ein anderes: Baumaßnahmen für die
energetische Gebäudesanierung. Dabei würden „häufig aus Unkenntnis wichtige
Brut- und Ruheplätze für gefährdete Tierarten zerstört“, sagt Freter.
Und dann ist da noch Agrarminister Cem Özdemir (Grüne), der den Landwirten
Flächen wieder freigibt, die dem Schutz von Biodiversität und Böden hätten
dienen sollen. Eigentlich hätten sich vier Prozent der Anbauflächen ab 2023
erholen sollen. Das ist jetzt hinfällig, wegen des Ukraine-Krieges. Die
Entscheidung „schadet auch hier Insekten und damit den Vogelbeständen
zusätzlich“, sagt Freter.
27 Oct 2022
## LINKS
[1] /Population-drastisch-gesunken/!5812336
[2] https://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/183168
[3] /Studie-zu-Artensterben/!5453844
[4] /Studie-ueber-Brutvogelarten/!5619656
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Vogelschutz
Landwirtschaft
Niedersachsen
Nabu
Olaf Lies
Biodiversität
Vogelbeobachtung
Vögel
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