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# taz.de -- Die Wahrheit: Tee für die Spanische Armada
> Die Spanien-Woche der Wahrheit (3): Die iberische Flotte, einst Schrecken
> der Weltmeere, ist nurmehr ein Schatten ihrer selbst.
Bild: In der einst glorreichen Spanischen Armada segeln heute abgetakelte Frega…
Diese Woche widmet sich die Wahrheit in all seinen großen und kleinen
Aspekten Spanien. Denn das ehrwürdig hitzige Spanien ist in diesem Jahr
Gastland der am Mittwoch beginnenden Frankfurter Buchmesse.
Neulich war die Spanische Armada zu Gast. Wir wussten nicht, wie wir mit
ihr umgehen sollten; sie sah etwas abgehalftert aus, um nicht zerfleddert
zu sagen. Ziemlich durchgerockt. Irgendwie ein wenig so, als ob sie
Schiffbruch erlitten hätte. Man könnte auch sagen, traumatisiert: Es muss
schon irgendwann nach 1588 gewesen sein, denn sie wirkte wirklich
abgestürzt und gebrochen. Als ob sie einen Schlag erhalten hätte, von dem
sie sich so schnell nicht mehr erholen würde.
Wir wollten ihr etwas anbieten, etwas Warmes, etwas, was ihr wieder auf die
Beine half. Aber wir hatten nichts Spanisches im Haus, keinen Tinto, keine
Sangria, keinen Jerez, nada. Wir überlegten, ihr Tee anzubieten, hatten
aber irgendwie das Gefühl, das könne vielleicht auch nicht so das Richtige
sein.
## Ungünstige Winde
Man stellt sich jetzt vielleicht vor, dass das Haus voll war, weil die
Spanische Armada da war, aber dem war auch nicht so. Im Gegenteil, sie
hatte ziemlich abgenommen. Was sollen wir sagen: Die Spanische Armada war
eine ganz schöne Enttäuschung.
Sie faselte was von „ungünstigen Winden“ und einer blutigen Maria und dann
noch einer kalten Elisabeth, die ihr einen Korb oder gleich mehrere gegeben
habe. War das am Ende die, die erst vor Kurzem gestorben war? Wir hörten im
Radio davon.
“The Queen is dead“, hieß es, und wir dachten, die Band sei schon seit Ende
der Achtziger tot. Tot wirkte auch die Armada, die sich nach zwei, drei
Zigaretten ziemlich rasch und einsilbig verabschiedete: Sie würde jetzt in
den Sack hauen, so die Spanische Armada. Aber vorher würde sie noch
schiffen gehen. Bitte, sagten wir. Geradeaus, dann links.
## Musikalische Andeutungen
Nachdem sie die halbe Wohnung unter Wasser gesetzt hatte, verschwand sie
endlich. Was zur Hölle war mit ihr los? Wir konnten uns keinen Reim darauf
machen, nicht mal am Donnerstag. Wir gruben sogar unsere alten
Queen-Platten aus, um sie rückwärts abzuhören. Es waren tatsächlich einige
interessante Botschaften versteckt, beispielsweise die Lösung des
Israel-Palästina-Konflikts, aber zur Spanischen Armada kam so gut wie
nichts. Hier und da eine musikalische Andeutung, die aber recht ins Leere
segelte.
Daraufhin riefen wir unsere Freunde in Holland an: Was denn mit der Armada
los sei? Die wäre ziemlich zerstört hier angekommen. Ob sie etwas wüssten?
Jaja, meinten die Freunde in Holland, die sei ziemlich daneben, „die soll
nur mal rumkommen, dann kriegt sie von uns den endgültigen K. o.“ Die
schienen wirklich gar nicht gut auf sie zu sprechen zu sein, die Freunde in
Holland.
## Wilde Träume
Nachts lagen wir dann in wilden Träumen. Verlassene Städte, Osterfeuer,
gepuderte Menschen in Kostümen, Sex, Intrigen, gestelzte Sprache, eine
komische Stimmung wie in so einer HBO-Serie. Nee, Netflix, HBO ist ja
passé. Am nächsten Morgen erfolgte gleich die Deutung via Tele-Analyse:
Seitens der Spanischen Armada besteht dringender Handlungsbedarf. Also
schrieben wir der Armada eine SMS: Was denn eigentlich passiert sei. Mit
uns könne man doch reden! „Die Elemente sind schuld“, kam dann irgendwann
die lapidare Antwort zurück.
Wir gaben auf. Der Armada war nicht mehr zu helfen! Bevor wir gezwungen
waren, unsere Ansichten denen der Kirche unterzuordnen, hielten wir lieber
etwas Abstand. Eine Zeitlang schrieben wir noch, die Spanische Armada und
wir. Dann schlief auch das allmählich ein. Jetzt haben wir schon sehr lange
nichts mehr von ihr gehört.
19 Oct 2022
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Reiseland Spanien
Marine
Kolumne Die Wahrheit
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Liz Truss
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