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# taz.de -- Neonazi-Gedenken bei SV Waldhof Mannheim: Polizeibekannter Unbekann…
> Beim SV Waldhof Mannheim wird einer verstorbenen Neonazigröße gedacht.
> Ein Versehen, sagt der Verein. Wie kann das passieren?
Bild: In der Waldhof-Fanszene kämpfen einige für rechtsextreme Ansichten
Was hätte Christian Hehl zu Lebzeiten eigentlich noch tun können, um etwas
bekannter beim SV Waldhof Mannheim zu werden? Am Dienstagabend erwies der
Fußball-Drittligist ihm und einem anderen Verstorbenen beim DFB-Pokalspiel
gegen den 1. FC Nürnberg (0:1) eine besondere Ehre. Die Aufstellung, die
vor der Partie verlesen wird, wurde dieses Mal auch ihm, [1][einer der
Neonazigrößen in Deutschland], gewidmet.
Auf die Aufregung danach reagierte der Verein mit einer Stellungnahme, für
die er sich zugleich entschuldigte, weil für alle Waldhöfer das Pokalspiel
im Vordergrund stehen sollte. Der – seit fast 30 Jahren tätige –
Stadionsprecher habe den Verstorbenen nicht gekannt und hätte ohne
Absprache mit dem Verein nur einer Bitte eines Fans auf Facebook
entsprochen.
Die Liste der von Hehl begangenen politisch motivierten Straftaten ist
lang, einst fügte er etwa einem Linken von hinten mit einem Schlagstock
Kopfverletzungen zu. Lang ist auch die Liste der teils verbotenen
rechtsextremen Organisationen, denen er angehörte.
Angefangen hat alles beim SV Waldhof, wo er bei „The Firm“, einer
Hooligan-Vereinigung, rund um die Fußballstadien mitmischte. Einige
Waldhof-Verantwortliche wurden viele Jahre später nachweislich mit Hehl
bekannt gemacht. Im Jahr 2014, als Hehl mittlerweile für die NPD im
Stadtrat saß, erhielt er Stadionverbot. Die Begründung des Vereins lautete:
„Die Polizei in Mannheim setzte uns ferner davon in Kenntnis, dass Sie
polizeibekannt und eindeutig der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind.“
## Empörung der rechten Fanszene
Von einer Demonstration im Worms 1996 gibt es übrigens ein gemeinsames Foto
von Hehl und [2][der NSU-Terroristin Beate Zschäpe]. Vor dem
NSU-Untersuchungsausschuss im baden-württembergischen Landtag behauptete
er, von der Existenz des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds
erst im Nachhinein erfahren zu haben. „Es wundert mich ja auch, dass es an
mir vorbeigegangen ist.“
Am SV Waldhof Mannheim scheint in den letzten Jahren auch so manches
vorbeigegangen zu sein. Auf der Facebook-Seite des Vereins, wo der Verein
auch von seiner Unkenntnis berichtete und andeutete, künftig sorgsamer mit
Ehrbekundungen für verstorbene Fans umgehen zu wollen, häuften sich am
Mittwoch Kommentare aus rechten Fankreisen. „Eine Szene trauert um einen
verstorbenen Fan und ihr habt die Respektlosigkeit, diesen Menschen in
einer Stellungnahme zu denunzieren“, hieß es. Oder: „Hehli war einer von
uns.“ Oder: „Hier geht es nicht um Politik, hier geht es um einen
jahrzehntelangen treuen Waldhoffan.“ Dass der Verein sich angesichts der
Ehrung nun von rechtsextremem Gedankengut distanziert, nehmen nicht wenige
als überraschende Zumutung war.
Ähnliches [3][spielte sich auch beim Chemnitzer FC ab], als im März 2019
die Stadionregie für die verstorbene lokale Nazigröße Thomas Haller auf
Druck der Fans eine Trauerzeremonie im Stadion abhielt und der Verein sich
im Nachhinein von dieser Aktion distanzierte. Auch hier sorgte der Verein,
der über viele Jahre die rechtsextremen Entwicklungen in der Kurve
ignorierte, plötzlich für Verstörung in der Fanszene.
Dass derlei Ereignisse nicht zu Lerneffekten an anderen problematischen
Standorten führt, ist bedauerlich. Waldhof Mannheim muss sich fragen
lassen, ob sein Engagement gegen rechtsextremes Gedankengut deutlich genug
ist. Dann käme vielleicht auch niemand von den Waldhof-Anhängern auf die
Idee, dass der Stadionsprecher ein Gedenken an einen Neonazi, ob er ihn nun
kennt oder nicht, schon durchwinken wird.
19 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.endstation-rechts.de/news/kurpfaelzer-neonazi-christian-hehl-is…
[2] /NSU-Prozess-im-Rueckblick/!5516657
[3] /Chemnitzer-FC-trauert-um-einen-Neonazi/!5576352
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Mannheim
Fußball
Rechtsextremismus
Kolumne Der rechte Rand
Mannheim
Kolumne Helden der Bewegung
Chemnitz
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