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# taz.de -- Petition der Woche: Soll Bioessen steuerfrei sein?
> Der Verein „True Cost Economy“ fordert eine Mehrwertsteuersenkung auf
> Biolebensmittel. Ist das sozial gerecht?
Bild: Weniger Mehrwertsteuer auf Bio-Lebensmittel. Ist das sozial gerecht?
Die Lebensmittelpreise sind im vergangenen Jahr und besonders seit Beginn
des russischen Angriffskriegs in der Ukraine rasant gestiegen.
Nahrungsmittel sind zwischen August 2021 und August 2022 um 16,6 Prozent
teurer geworden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die vor Kurzem
angelaufene [1][Petition] von Johanna Kriegel auf einige Zustimmung trifft:
Sie fordert, Biolebensmittel mit 0,0 Prozent Mehrwertsteuer zu belegen und
damit zu vergünstigen. Aber warum ausgerechnet Bioprodukte? Weil die Frage,
welche Lebensmittel bezahlbar sind, weit über Energiekrise und Inflation
hinausreicht.
Johanna Kriegel hat einen Verein gegründet, den [2][True Cost Economy e.
V.] „Verkaufspreise spiegeln nicht die wahren Kosten von Produkten wider“
heißt es ganz oben auf der Website des Vereins. Der Grundgedanke: Der
Verkaufspreis von Konsumgütern wäre um ein Vielfaches höher, wenn man die
im Vorfeld entstandene Umweltbelastung miteinbeziehen würde.
Das gilt vor allem für tierische Produkte, wie auch ein exemplarisches
Beispiel einer [3][Studie] des Discounters Penny aus dem Jahr 2020 zeigt.
Kriegels Verein arbeitet deshalb an sozial gerechten und umweltschonenden
Lösungen für diese ausgelagerten Produktionskosten, die im Verkaufspreis
normalerweise keine Rolle spielen.
In der Politik ist die Debatte um die sogenannten externen Kosten bisher
kaum angekommen. Kriegel und ihre Mitstreiter:innen möchten das ändern.
Nach ersten Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten fordern sie jetzt
konkrete Lösungen. Die Petition ist dabei der erste Schritt. Denn
Lebensmittel mit EU-Bio-Siegel haben geringere externe Kosten und wirken
einer langfristigen Umweltbelastung damit entgegen.
Null Prozent Mehrwertsteuer, das soll nicht nur langfristig gegen
Umweltschäden helfen, sondern auch kurzfristig gegen die steigenden Preise.
Eine gesetzliche Grundlage gibt es bereits: Anfang April dieses Jahres
passte die EU-Kommission ihre Mehrwertsteuersystemrichtlinie an. Diese
Richtlinie ermöglicht den Mitgliedsstaaten einen reduzierten Steuersatz auf
Grundnahrungsmittel.
Bisher plant in der EU lediglich die Niederlande eine solche Steuersenkung
für Lebensmittel, wobei dort nicht zwischen konventionellen und
Bioprodukten unterschieden wird. Schlecht für die externalisierten Kosten,
aber eine nachvollziehbare politische Antwort auf die ansteigende
Inflationsrate (voraussichtlich +10 Prozent im September 2022).
Gleichzeitig greift die Initiative aus den Niederlanden die soziale Frage
auf, die von der Petition vernachlässigt wird: Wer konsumiert
Biolebensmittel? Lässt die Forderung geringverdienende Haushalte außer
Acht, die beim Einkauf darauf angewiesen sind, auf die Preisschilder zu
schauen, und gar keine Bioprodukte kaufen? Johanna Kriegel versteht den
Einwand. Doch Kosten für die Umwelt, die mit der Zeit ohnehin durch die
Allgemeinheit getragen werden würden, bewertet sie höher: „Nachhaltiger
Konsum ist zuerst teurer, aber langfristig die günstigere Variante.“ Sollte
ihre Forderung umgesetzt werden, hofft Kriegel, könnten Steuersätze auch in
anderen Bereichen die externen Kosten berücksichtigen. Wie wäre es etwa mit
steuerfreien Bahntickets?
9 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/0-0-mehrwertsteuer-auf-bio-lebensmittel
[2] https://truecosteconomy.de/
[3] /Umweltkosten-von-Lebensmitteln/!5706548
## AUTOREN
Jakob Guttenbacher
## TAGS
Petition der Woche
Bio-Lebensmittel
Mehrwertsteuer
Soziale Gerechtigkeit
Nachhaltigkeit
Inflation
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