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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Obst-Hotline
> Ein Beziehungsgespräch mit einem Fremden eskaliert nicht etwa, sondern
> nimmt eine ganz und gar merkwürdige Richtung.
So. Heute mache ich mich zum Obst und rufe bei der Obst-Hotline an. Beim
freundlichen Vorgeplänkel finde ich heraus, wie mein Rechner genau heißt
(nicht Karl-Heinz, wie ich bisher dachte) und welche Version des
Betriebssystems ihm durch die künstlichen Synapsen humpelt.
Und schon wird es lustig, denn: „Bitte, was ist das Problem?“ Das Problem
ist, dass der Rechner langsam geworden ist. Sehr langsam. Der freundliche
junge Mann am Telefon sagt: „Bitte öffnen sie die Aktivitätsanzeige.“ Nun
schweigen wir beide, da es dem Rechner gerade zu viel Aktivität ist, eine
Aktivitätsanzeige anzuzeigen.
Mir dagegen ist Stille in der Leitung bereits nach fünf Sekunden zu wenig
Aktivität, weil ich das noch aus früheren Beziehungsgesprächen kenne – der
reine Terror. Also frage ich rasch, ob das Problem bekannt sei.
Helfer: „Wenn Sie jetzt bei Mercedes anrufen und fragen, ob diese Sache mit
den explodierenden Motoren häufiger vorkommt – was meinen Sie, wird man
Ihnen da ehrlich antworten?“
Idiotin: „Nee, na ja, das verstehe ich, ich wollte nur irgendwas sagen.
Oder fragen. Mein Gott, er ist immer noch nicht weiter, und wieso sage ich
eigentlich ‚er‘; es könnte doch auch eine zickige Sie sein?“ Helfer: „…
divers?“ Idiotin: „Ja, haha, vielleicht hat er ein Identitätsproblem und
ist deshalb … nee Quatsch, das meine ich ja gar nicht so.“
Ich versuche, die Peinlichkeit zu überspielen, während der Helfer den
Rechner und mich durch die Routinen treibt, die ich ihm in den vergangenen
Wochen auch schon zugemutet habe. Obwohl wir beide hoffen, dass Karl-Heinz
unter professioneller Aufsicht zu besseren Ergebnissen kommt als bisher,
ist das leider nicht so.
Idiotin: „Als ob er kein Multitasking könne.“ Helfer: „Also doch männli…
Idiotin: „Hä?“ Helfer: „Kann kein Multitasking. Ist männlich. Jetzt bit…
das Diagnoseprogramm.“ Der Helfer schaltet sich dazu auf den Desktop, was
die Performance des Rechners merklich verschlechtert.
Idiotin (nach mehreren ereignisarmen Minuten): „Fragen Sie mich mal, ob ich
noch lebe.“ Helfer: „Leben Sie noch?“ Idiotin: „Ich bin nicht sicher. I…
hoffe, Sie chatten zwischendurch mit ihren Freunden.“ Helfer: „Nein, ich
habe nur ein Heißgetränk. Das genügt.“ Idiotin (notiert im Geist, dass es
jemanden gibt, der wirklich „Heißgetränk“ sagt): „Morgen rufe ich bei
Mercedes an und frage, ob sie bei Hotline-Telefonaten nebenher mit ihren
Freunden chatten.“
Der Helfer lacht herzlich. Der Rechner friert ein. Idiotin: „Was machen wir
denn jetzt?“ Helfer: „Ich schicke Ihnen ein paar Links und erkläre Ihnen,
wie Sie weiter …“ – „Sie wollen mich verlassen, das höre ich doch!“ …
müssen auch erst das neueste Betriebssystem aufspielen.“
Idiotin (trotzig): „Daran liegt es nicht.“ Helfer (weichgekocht): „Nein,
wahrscheinlich nicht.“ Idiotin: „Und trotzdem legen Sie jetzt auf? Bei
allem, was wir miteinander erlebt haben? Hallo, hallo?“
12 Oct 2022
## AUTOREN
Susanne Fischer
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Computer
Hotline
Technik
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