# taz.de -- Nachruf auf CUS: „Professioneller Menschenquäler“ | |
> Denkaufgaben, Assoziationsknäuel, Kopfspaß für Schlauköpfe, dafür war | |
> Curt Schneider aka CUS bekannt. Nun ist der Rätselmacher gestorben. | |
Bild: Bekannt gemacht hat CUS sein vertracktes Kreuzworträtsel im „SZ-Magazi… | |
Keiner hat Rätsel geschaffen, die dermaßen forderten. Denkaufgaben, | |
Assoziationsknäuel. Grimmiger Kopfspaß für Schlauköpfe, die einen an die | |
Grenzen brachten. Der Schöpfer: CUS. Seit über 30 Jahren gibt es sein | |
vertracktes Kreuzworträtsel („Kreuz mit den Worten“), bis heute wöchentli… | |
im Magazin der Süddeutschen Zeitung. Und da war ab Ende der Achtzigerjahre | |
„Das große Rätselrennen“ im SZ-Magazin. | |
Das war damals die Königsdiziplin des Rätselmachers, beim Lösen drei Wochen | |
Spaß, Stress, Irrsinn, Verzweiflung, Glücksmomente. Immer ging es um | |
Denkgeschicklichkeit statt Wissen. Mal musste man Logiken hinter | |
Postleitzahlen oder Kontonummern ertüfteln. Oder es galt etwas Bestimmtes | |
über einen Alltagsgegenstand herauszufinden, den jeder in seiner Wohnung | |
hat. Das Zuhause wurde auf links gedreht: Dieser Hund von CUS, was meint er | |
nur? | |
„Rainer Frust wurde am 29. Februar 1956 geboren. Wann wurde er volljährig?“ | |
29. Februar – aha, Schaltjahr. Ob das …? Ist der rechtlich erst 5 oder 6? | |
Falsche Fährte. Alle 1954 bis 1956 Geborenen wurden am 1. Januar 75 | |
volljährig, weil man ab diesem Jahr mit 18 statt 21 volljährig war. | |
Ende der Neunziger kam CUS an seine Grenzen: „Es wird immer schwerer, | |
Fragenkomplexe internetsicher zu machen“, sagte er. 2004 hatte Google das | |
Sommerrätsel gemeuchelt. | |
## Genialität gemixt mit exaktem Sprachwitz | |
CUS wusste, wie Menschen denken und wie man sie auf falsche Fährten lockt. | |
Und immer die Chance hinterlegt, die eigenen Denkfehler zu korrigieren. Das | |
war Teil seiner Genialität, verbunden mit teuflischem und exaktem | |
Sprachwitz. Am Wochenende ist er mit 62 Jahren, tatsächlicher Name Curt | |
Schneider, bei einer Bergwanderung in den bayrischen Alpen in den Tod | |
gestürzt. | |
Mehrfach hatte ich Kontakt mit ihm. Indirekt als jahrelanger Rätselfreund, | |
auch mal im Streit, als mir der gelernte Jurist auf meine, wie ich dachte, | |
streng logische Argumentation eine konstruierte „Beweisquetsche“ vorwarf – | |
ein Wort, das Google bis heute nicht kennt. Er war ein angenehm plaudernder | |
und nachdenklicher Interviewpartner, wo er schalkhaft berichtete, wie er | |
als „professioneller Menschenquäler“ Leute in die „Vorstufe des Wahnsinn… | |
treibt. | |
Bei jedem Film, den er sehe, erzählte er da, suche er „Kuriositäten und | |
Doppeldeutigkeiten“. Eine andere Spezialität: „Oft gibt es eine | |
offensichtliche Lösung und eine schwere versteckte. Aber vielleicht ist am | |
Ende doch die einfache die richtige?“ Zweimal um die Ecke gedacht führt am | |
Ende wieder geradeaus. Am besten, das lernten seine Ratefans schnell, geht | |
Lösen in Kleingruppen, deshalb konnte CUS ohne Widerrede sagen: „Rätseln | |
führt Menschen zueinander.“ | |
CUS wurde bald von vielen Firmen und Magazinen gebucht, 1994 auch für eine | |
Schatzsuche mit Langenscheidts Goldwörterbuch. Darin waren Hinweise und | |
Fragen zu einer vielwöchigen Fahndung nach einer vergrabenen Goldkiste | |
(Inhalt im Wert von 50.000 Mark) versteckt. Viele hatten herausbekommen, | |
dass es, tataaa, nach Langenscheid an der Lahn gehen musste. Da trafen wir | |
dann andere Gruppen mit geschulterten Spaten und Spitzhacken. Auf dem | |
Dorffriedhof musste man an einem Grab (aber welches?) eine Richtung | |
ausfindig machen. Was die irritierten älteren Damen beim Wässern der | |
Stiefmütterchen dachten, hat uns im Ratewahn nicht interessiert. | |
## Selbst rätseln? „Nö“. | |
Mein direktester Kontakt war eine Nebenrolle bei einer Goldgräberrallye im | |
Ruhrgebiet. Die DB Regio hatte 2013 den Preis ausgeschrieben, Hunderte | |
versammelten sich am Bahnhof in Witten. Ich musste in Wuppertal einen Wagen | |
mieten und ihn mitten im Zielgebiet Muttental abstellen. Auf der Rückbank | |
platzierte Curt eine Landkarte mit einer exklusiven Orientierungshilfe. | |
Nur, wer guckt schon in fremde Autos? | |
Dazu gab es einen Hinweis, im Doppelsinne beiläufig: Als CUS-Deputy trug | |
ich ein Shirt mit der Aufschrift „Immer auf die Autos achten“ und war als | |
Jogger wie zufällig an den Rategruppen vorbeigelaufen. Bei der Siegerehrung | |
am Abend konnten sich viele an diesen komischen Typen mit dem seltsamen | |
Hemd erinnern. Einzelne hatten das auch als Hinweis verstanden. | |
Den Schatz gehoben hatte übrigens eine Münchner Gruppe, die CUS nachgereist | |
war. Solche Rate-Stalker gab es immer, hat CUS mal erzählt: „Das sind sehr | |
wache, intelligente Leute. Die wissen, wie ich ticke, die ahnen meine | |
Hirnverdrehungen. Und weil sie mich gut kennen, haben sie oft einen | |
Vorteil.“ Selbst als Bayern im Ruhrpott. | |
Selbst rätseln? „Nö“, sagte CUS mit leichtem bayerischen Klang, „ich bi… | |
Lösen ’ne Niete, Macht mir auch nicht so einen Spaß. In der Zeit könnte ich | |
schon wieder neue Fragen austüfteln.“ Oder irrwitzige Sprachbücher | |
schreiben, in denen er den einzigen Begriff deutscher Sprache entdeckte, | |
den es in gleicher Aussprache mit allen drei Artikeln gibt: Der Coup, die | |
Kuh, das Q. | |
Seinen echten Namen kannten nur wenige Eingeweihte. Die SZ erklärte jetzt | |
im Nachruf, das Geheimnis sei wegen Susanne Schneider gewesen, lange Jahre | |
Textchefin des Magazins. Sonst hätte es noch geheißen, die habe den kleinen | |
Bruder in einer Art Schwesternwirtschaft ins Blatt geholt. Es gab noch | |
einen anderen familiären Grund. Denk-Sportler können ihn mit kleiner Mühe | |
herauskriegen. | |
11 Oct 2022 | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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