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# taz.de -- Osteuropaexperte über Teilmobilisierung: „Putin ist unter Druck�…
> Die Teilmobilisierung ist eine Reaktion auf den Druck der extremen
> Rechten, sagt Charles Gati. Ein Gespräch über mögliche Kriegsszenarien.
Bild: Redet immer noch von Spezialoperation statt von Krieg: Wladimir Putin
taz: Putin hat eine [1][Teilmobilisierung] verkündet. Welche Konsequenzen
hat das?
Charles Gati: Das ist schwer zu verarbeiten. Er will 300.000 Mann
mobilisieren. Ich denke, Putin steht unter Druck der Kriegsfalken unter
seinen Kritikern. Er reagiert also auf Druck der extremen Rechten und nicht
einer liberalen Gruppe, die ein Friedensarrangement mit der Ukraine
anstrebt. Das ist sehr gefährlich.
Bedeutet das eine [2][Eskalation des Konflikts]?
Auf alle Fälle. Schauen wir uns einmal an, was das in der Praxis bedeutet.
Reden sind Reden. Normalerweise kann man daraus einen Trend ableiten. Ich
würde einmal abwarten, ob das ein Bluff ist oder in die Realität umgesetzt
wird.
Kann man da die Erzählung von der Spezialoperation aufrechterhalten?
Nein, sie werden sich einen neuen Namen für diesen Krieg ausdenken müssen.
Ich glaube, das macht aber keinen großen Unterschied. Ein beträchtlicher
Teil der Bevölkerung will nichts davon wissen, dass Russland in einem Krieg
steht. Deswegen nennen sie es Spezialoperation. Sie wollen damit auch die
Illusion aufrechterhalten, dass die Ukraine Teil Russlands ist.
Gleichzeitig werden überstürzt Volksabstimmungen in den besetzten Gebieten
angesetzt.
Sie sprechen bereits von der Eingliederung dieser Territorien in die
Russische Föderation. Das ist hochgefährlich und ich glaube, in Europa und
selbst in den USA herrscht ein naiver Optimismus, der die Gefahr, die von
diesem Konflikt ausgeht, unterschätzt.
Wenn Russland die Gebiete annektiert, dann würde die Ukraine nach
russischer Lesart russisches Staatsgebiet angreifen, wenn sie ihr
Territorium zurückerobern will.
Das wird die russische Aggression noch steigern, aber gleichzeitig den
Zusammenhalt des Westens befördern. Bisher verweigert der Westen der
Ukraine ja bestimmte Waffen, mit denen Russland attackiert werden könnte.
Ich denke, auf westlicher Seite wird die Mobilisierung zunehmen. [3][Das
Ziel bleibt], Russland aus der Ukraine zu vertreiben, nicht Russland
anzugreifen.
Welche Fehler hat der Westen in diesem Konflikt gemacht? Es wird ja immer
von Zbigniew Brzezinski gesprochen, der schon in den 1990er Jahren die
Ukraine in den Westen holen wollte.
So stimmt das nicht. Brzezinski, mit dem ich gut befreundet war, hat
gesagt, ohne die Ukraine ist Russland keine Großmacht. Außerdem hat er
gemeint, dass ein Neutralitätsstatus der Ukraine erwogen werden sollte. Ich
habe mit Brzezinski ein Buch geschrieben und war in fast allen Punkten
einer Meinung mit ihm. Nicht in diesem Punkt allerdings.
Viele Experten meinen, es wird weder einen militärischen Sieg, noch ein
formales Friedensabkommen geben, sondern einen eingefrorenen Konflikt.
Das ist möglich. Sicher ist, dass Russland nicht gewinnen wird. Das wird
die Nato nicht erlauben. Auch die USA und vor allem die ukrainische
Bevölkerung werden das verhindern. Ihre Entschlossenheit ist
bewundernswert. Ich glaube aber auch nicht an einen militärischen Sieg der
Ukraine. Sie kann einen Großteil und vielleicht sogar alle besetzten
Gebiete zurückerobern. Bisher sehe ich das aber noch nicht. Die größte
Gefahr sehe ich derzeit in der Möglichkeit, dass die europäischen Staaten
in einem harten Winter ihre Unterstützung verringern. Dann könnte Russland
einige Gebiete erobern. Die USA wollen Russland nicht besiegen.
Erstaunlicherweise weiß die Biden-Regierung genau, was sie tut. Russland
wird immer da sein und immer einen gewissen Einfluss auf die Ukraine
ausüben. Ich denke, damit muss man sich abfinden.
23 Sep 2022
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## AUTOREN
Ralf Leonhard
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