# taz.de -- Indigene Aktivistin gestorben: Ein unerwünschter Gast | |
> 1973 sprach sie als erste Native American bei den Oscars und prangerte | |
> den Rassismus gegenüber Indigenen an. Nun ist Sacheen Littlefeather | |
> gestorben. | |
Bild: Lehnte Im Namen Marlon Brandos 1973 die Oscar-Auszeichnung ab: Sacheen Li… | |
Vor fast 50 Jahren, am 27. März 1973, trieb eine junge Frau der | |
Hollywood-Filmindustrie die Schames- und vor allem Zornesröte ins Gesicht. | |
Als dem Schauspieler Marlon Brando für seine Rolle in „Der Pate“ als bester | |
Hauptdarsteller der Oscar überreicht werden sollte, kam nicht er, sondern | |
Sacheen Littlefeather auf die Bühne: in Mokassins, einem fransigen und mit | |
Perlen bestickten Wildlederkleid, die langen schwarzen Haare mit indigenem | |
Schmuck gescheitelt. | |
Die unbekannte Frau trat vor die Moderatoren und machte eine abweisende | |
Geste gegenüber Roger Moore, der ihr die Oscar-Statue hinhielt. Stattdessen | |
ging sie ans Rednerpult und stellte sich als Apachin und Präsidentin des | |
National Native American Affirmative Image Committee vor. | |
Von einem Blatt Papier las sie eine Erklärung vor, aus der hervorging, | |
warum Marlon Brando nicht anwesend war und den Oscar nicht annehmen würde: | |
wegen des rassistischen Umgangs mit den Indigenen Amerikas, insbesondere | |
deren Darstellung in den Filmen Hollywoods. | |
Nur wenige im Oscar-Publikum applaudierten, der Rest buhte. | |
Westernheld-Darsteller John Wayne soll hinter der Bühne getobt haben und | |
von sechs Sicherheitsmännern festgehalten worden sein. Das weiße Amerika | |
war geschockt. Nie zuvor war eine indigene Person auf der größten Bühne der | |
Filmstars zu sehen gewesen. Schon gar nicht live im Fernsehen. Sacheen | |
Littlefeather war auf der Ehrenbühne 1973 nicht nur ein ungeladener Gast, | |
sondern auch ein unerwünschter. | |
## Schmutz und Verleumdung für einen mutigen Einsatz | |
Was heute als mutiger Einsatz für die Rechte der indigenen Minderheiten | |
gefeiert werden würde, empörte damals Kritiker und Branche zutiefst. Dass | |
[1][Marlon Brando] damals nicht selbst auf die Bühne ging, um seinen Preis | |
abzulehnen, sondern Littlefeather vorschickte, war noch der wohlwollendste | |
Tadel. Es prasselte Schmutz und Verleumdung gegen die junge indigene | |
Aktivistin und es wurde alles versucht, um sie lächerlich und unglaubwürdig | |
zu machen. | |
Sie sei gar keine Apachin, sondern habe sich damals nur so verkleidet, | |
schrieb ein Kritiker noch 2004 anlässlich des Todes von Marlon Brando. Dass | |
sie selbst als Schauspielerin und Model gearbeitet hatte, wurde ihr zur | |
Last gelegt: Sie habe von der Industrie profitiert, die sie jetzt in den | |
Schmutz ziehe. Ausgerechnet der Schauspieler Rock Hudson, der sein Leben | |
lang seine Homosexualität verschwieg und später an Aids starb, kritisierte: | |
„Schauspieler können auf eine Seifenkiste steigen. Aber sie sind meistens | |
überzeugender, wenn sie schweigen.“ | |
Als Marie Cruz wurde Littlefeather 1946 in Kalifornien geboren und war als | |
Aktivistin einer indigenen Bewegung unter anderem an der Besetzung der | |
Insel Alcatraz 1969 beteiligt. Auch die Besetzung des Dorfes Wounded Knee | |
unterstützte sie und war dazu als Model in einer Fotoserie des Playboy zu | |
sehen. Zwischendurch hatte sie mal eben den Schönheitswettbewerb „Miss | |
American Vampire“ (1970) gewonnen. | |
[2][Doch nach dem Auftritt bei den Oscars] war ihre berufliche Karriere | |
ruiniert. Sie sei auf die „ rote Liste“ gekommen, erzählte sie selbst, | |
mittlerweile 75, noch vor zwei Wochen, am 17. September, im Museum der | |
Oscar Academy in Los Angeles. Dort war ein Brief verlesen worden, in dem | |
sich die Academy fast 50 Jahre später bei Littlefeather für die | |
Beschimpfungen und deren Auswirkungen auf ihr Leben entschuldigt hatte. | |
An den Moment im März 1973, in dem Littlefeather die Aufmerksamkeit der | |
gesamten Welt auf die Diskriminierung der Indigenen lenkte, erinnerte sie | |
sich so: „Als ich diese Stufen hochging, habe ich gewusst, dass ich die | |
Wahrheit sagen musste. Manche können das akzeptieren. Manche nicht.“ | |
Littlefeather starb am 2. Oktober an den Folgen von Brustkrebs. | |
4 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Doris Akrap | |
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