| # taz.de -- Neues Album von US-Star Maggie Rogers: Zwischen Uni und Ozean | |
| > Was kommt nach dem Überraschungserfolg: US-Singer-Songwriterin Maggie | |
| > Rogers zieht auf ihrem neuen Album „Surrender“ Bilanz. | |
| Bild: Hundert Sommersprossen und ein Piercing: Maggie Rogers | |
| Aufgewachsen ist sie in einer kleineren Stadt in Maryland, an der | |
| US-Ostküste. Ihre Sommerferien verbrachte Maggie Rogers oft in einem Camp | |
| an der Küste von Maine in New England. Umgeben von Natur. Genau dahin | |
| sehnte sich die 28-jährige Musikerin wieder, nachdem sie schier endlos mit | |
| den Songs ihres Majorlabel-Debütalbums „Heard It in a Past Life“ um die | |
| Welt getourt war. | |
| Am Ende fühlte sie sich völlig kraftlos und lethargisch, offenbar litt sie | |
| an einem Burnout. Also zog die US-Künstlerin Anfang 2020 die Notbremse. Sie | |
| kehrte in ihr einstiges Sommerdomizil an der Küste von Maine zurück und | |
| schottete sich vollständig ab. Die meiste Zeit las sie, unternahm | |
| ausgedehnte Spaziergänge entlang der Kliffs – fasziniert von der unbändigen | |
| Natur am [1][Atlantik]. | |
| Der tosende Ozean war nicht nur Balsam für ihre Seele, er schäumte auch | |
| ihre [2][Kreativität] auf. Genau genommen zimmerte die wilde See den | |
| musikalischen Rahmen für ihr neues Album „Surrender“ (Hingabe). Jedenfalls | |
| in gewisser Weise. Der Song „Want Want“ wirkt so unbeständig wie der | |
| Atlantik. | |
| ## Fast wie in den 1990ern | |
| Eingangs fragt man sich: Verschreibt sich die Musik ernsthaft dem Pop der | |
| 1990er? Trommelwirbel und Gitarrenriff jenes Intros erinnern definitiv an | |
| Roxette. Doch dann schlägt das Stück plötzlich einen Haken, es findet mit | |
| verzerrten Beats zu einem super zeitgemäßen Sound. Wenn Maggie Rogers | |
| singt: „As I watch you getting undressed / Pray to God this won’t be a | |
| mess“, wird diese Aussage zu einem Statement für Lust. | |
| Das kommt bei ihr nun doch überraschend. Schließlich hat sich Maggie Rogers | |
| vehement dagegen gewehrt, sexualisiert zu werden, als sie 2019 zuerst bei | |
| einem Majorlabel Musik veröffentlichte. Während der Pandemie wurde ihr | |
| allerdings klar: Das Thema Sex vollständig auszuklammern, wäre | |
| Selbstbetrug. | |
| Denn sie ist eine Frau, der zum einen Begehren nicht fremd ist und die sich | |
| zum anderen für die Rechte von Frauen starkmachen will. Dass der Supreme | |
| Court in der Bundeshauptstadt Washington das Recht auf [3][Abtreibung] | |
| kippte, ließ Rogers nicht unkommentiert. Bei Instagram schrieb sie: | |
| „Abtreibung ist Gesundheitspflege“. | |
| ## Wuchtige Riffs | |
| Es scheint, als hätte sich Maggie Rogers ziemlich gewandelt, ohne dabei in | |
| aktivistische Kitschgefilde der „gereiften Künstlerin“ abzugleiten. Ihr | |
| Song „Different Kind of World“ spricht das an: Sein Sound ist erst von | |
| einer akustischen Gitarre getragen, später von wuchtigen Riffs. Dieses Lied | |
| will die Singer-Songwriterin nicht bloß als ein Plädoyer für Frieden | |
| verstanden wissen, sie bekennt: „I’m a different kind of girl.“ | |
| Tatsächlich hat sich in ihrem Alltag einiges geändert, seitdem sie 2016 im | |
| Clive Davis Institute of Recorded Music einen Kurs bei Pharrell Williams | |
| belegte. Der Starproduzent war damals sehr angetan, als er ihren Song | |
| „Alaska“ hörte. Er fand ihn sogar perfekt. Wie fassungslos seine Schülerin | |
| dieses Urteil machte, sieht man in einem Video, das in den sozialen Medien | |
| viral ging. | |
| Seither hat sich Maggie Rogers weitgehend von Pharrell emanzipiert. Ihr | |
| Album „Heard It in a Past Life“ stand 2019 auf Platz zwei der | |
| US-Album-Charts, die US-Alternative-Charts führte es sogar an. Der Erfolg | |
| kam über Nacht, wirklich glücklich machte er Maggie Rogers indes nicht. | |
| Während des Lockdowns entwickelte sie eine Angststörung. Sie fühlte sich | |
| wie betäubt. | |
| ## Masterarbeit in Religionswissenschaften | |
| Nicht nur Komponieren half ihr dabei, sich Schritt für Schritt aus diesem | |
| Tief herauszukämpfen. Zugleich begann sie, in Harvard | |
| Religionswissenschaften zu studieren. Ihre Master-Arbeit heißt genauso wie | |
| ihr jüngstes Album: „Surrender“. | |
| Ihre Songs nahm Maggie Rogers teils in der elterlichen Garage auf, teils in | |
| den [4][Electric Ladyland] Studios in New York und in Peter Gabriels Real | |
| World Studios im britischen Bath. Co-Produzent war Kid Harpoon. Seine | |
| Handschrift lässt die Musik zwar großspuriger wirken, hegt Rogers’ | |
| glasklare Stimme aber andererseits nicht ein. Der groovige Song „That’s | |
| Where I Am“ erzählt nicht nur, wie aus Freundschaft Liebe wurde. Es ist | |
| auch eigenwilliger und sphärischer Pop. | |
| 11 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dagmar Leischow | |
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