| # taz.de -- Klimaprotest in Brandenburg: Handgemachter Kohleausstieg | |
| > Im Jänschwalde haben Aktivist*innen ein Kohlekraftwerk blockiert. Die | |
| > Anlage sollte trotz hoher Emissionen wieder verstärkt betrieben werden. | |
| Bild: Klimaaktivist am Braunkohlekraftwerk Jänschwalde | |
| Die Nacht liegt über dem etwas nordöstlich von Cottbus gelegenen | |
| Jänschwalde, nur die unzähligen Lichter an den Kraftwerksblöcken | |
| überstrahlen die Einöde. Eine Person mit Tarnbemalung im Gesicht liegt auf | |
| einem Förderband und sagt: „Meine Arme sind angekettet, damit die Blockade | |
| länger hält!“ Das zeigen Videoaufnahmen, die Aktivist*innen auf einem | |
| Twitter-Account mit dem Namen „Jänschwalde abschalten! Unfreiwillige | |
| Feuerwehr“ in den frühen Montagmorgenstunden verbreiten. | |
| Etwa 40 Aktivist*innen sind auf das Gelände von Deutschlands | |
| drittgrößtem Kohlekraftwerk eingedrungen. Ein Teil besetzt die Kohlebunker | |
| auf dem Kraftwerksgelände und machte sich an Förderbändern fest. Zwei | |
| weitere Gruppen blockieren die Gleisverbindungen zwischen dem Tagebau | |
| Jänschwalde und dem Kraftwerk. In einer Pressemitteilung äußert sich die | |
| Gruppe: „Wir nehmen hier und heute den Kohleausstieg selbst in die Hand“, | |
| so Jette Klamnitz, die Teil der Aktion ist. | |
| Jänschwalde gehört zu den traurigen Top 5 der Kohlekraftwerke in Europa mit | |
| den höchsten CO2-Emissionen. Das zeigen Daten aus dem Jahr 2019, | |
| veröffentlicht von der britischen Denkfabrik Ember. Vor zwei Jahren | |
| verkündete die Bundesregierung, dass Jänschwalde bis 2028 abgeschaltet | |
| werden soll. Zwei Blöcke waren bereits vom Netz. Das neue | |
| Energiesicherungsgesetz sieht nun aber die Möglichkeit zur | |
| Wiederinbetriebnahme bis März 2024 vor. Am 1. Oktober sollen die alten | |
| Blöcke zurück ans Netz, auch wenn das der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) | |
| Schwierigkeiten bereitet und sie zudem Emissionsgrenzwerte überschreiten, | |
| [1][wie die „Tagesschau“ berichtet.] | |
| Es ist ein holpriger Weg, den die Braunkohle in der Lausitz nimmt. Der | |
| angrenzende Tagebau machte zuletzt im Frühjahr Schlagzeilen. Das | |
| Verwaltungsgericht Cottbus urteilte, [2][dass der Betrieb am 15. Mai | |
| einzustellen sei]. Über Jahre wurde mehr Grundwasser als genehmigt | |
| abgepumpt, wie Recherchen der Deutschen Umwelthilfe ergaben. Die LEAG | |
| befürchtete Energieengpässe. Anfang Mai kassierte das | |
| Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dann die Entscheidung. | |
| Öffentliche und wirtschaftliche Interessen überwiegen, hieß es. Außerdem | |
| seien der Krieg in der Ukraine und mögliche Versorgungsengpässe zu | |
| berücksichtigen. Die Braunkohlevorkommen reichen allerdings ohnehin nur | |
| noch bis zum kommenden Jahr. | |
| ## Der Innenminister droht mit „empfindlichen Strafen“ | |
| Für die Aktivist*innen ist das eine Ausrede, um den Profit mit | |
| Kraftwerk und Grube weiter voranzutreiben, anstatt auf erneuerbare Energien | |
| umzurüsten. Der russische Angriffskrieg dürfe nicht als Rechtfertigung | |
| genutzt werden, schreiben sie. | |
| Beim Personal des Kraftwerks kommt die Aktion offenbar nicht gut an. Die | |
| Aktivist*innen berichten davon, dass Förderbänder, unter denen sie sich | |
| angekettet hatten, kurzzeitig wieder in Betrieb genommen und damit Leben | |
| gefährdet wurden. Außerdem seien sie bedroht worden. | |
| Nach Angaben der LEAG mussten zwei Blöcke heruntergefahren werden. Ein | |
| Unternehmenssprecher nennt die Aktion einen „Angriff auf die | |
| Versorgungssicherheit“. Für die Polizei sei klar, dass es sich nicht um | |
| einen legitimen demokratischen Protest handle, da der Betrieb gestört werde | |
| – so Maik Kettlitz, Pressesprecher der Polizeidirektion Süd in Cottbus. Nun | |
| werden die Blockaden geräumt, der CDU-Innenminister poltert von | |
| „empfindlichen Strafen“. | |
| 19 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/kohlekraftwerk-jaenschwald… | |
| [2] /Gericht-stoppt-Kohleabbau-in-Jaenschwalde/!5842535 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Trammer | |
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