# taz.de -- Europride in Belgrad: Queere Lektion | |
> Trotz Verbot findet in Belgrad die Europride statt. Serbien muss das | |
> aushalten, wenn es zur liberalen europäischen Staatengemeinschaft gehören | |
> will. | |
Bild: Bei strömendem Regen demonstrativ queer – Belgrad am 17. September | |
Selbstverständlich konnte niemand der Gäste aus dem europäischen Ausland | |
wie der Einheimischen aus Serbien ernsthaft davon ausgehen, eine CSD-Parade | |
im Kernland der [1][Putin- und Russlandanhänger*innen] könnte ein | |
fröhliches Zeichen selbstbewusster queerer Ideen markieren. Wesentliche | |
Teile der serbischen Polit-Elite, vom Präsidenten bis hin zu den | |
Ministerien und dem Parlament, wollten diesen Umzug nicht. | |
Er passe nicht in die Zeit. Hooligans und aufgehetzte klerikalische Kräfte | |
duldeten sie einfach nicht. Was folgte, war ein Verbot, das polizeilich | |
dann nicht ganz so drakonisch durchgesetzt wurde. Die | |
Organisator*innen und die ausländischen Gäste setzten sich über das | |
Verbot hinweg und hielten sie trotzdem ab. Gut so! | |
Es hat zwar nicht gerade für gute Laune gesorgt, denn in Belgrad gehört es | |
bis in liberalere Kreise hinein eben nicht zum guten Ton, eine CSD-Parade | |
auf die Agenda der multikulturellen Festivitäten zu schreiben, so wie es | |
hierzulande üblich ist. Was am Samstag stattfand, hatte mehr mit | |
Antiwerbung des Landes in puncto EU zu tun als mit einem pinkwashenden | |
Marketing für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. | |
[2][Eine queere Parade in Belgrad], die muss Serbien eben aushalten, will | |
sie Teil der liberal-rechtsstaatlichen und somit auch queeren | |
Staatengemeinschaft sein. Manche meinen, der Europride habe imperialen | |
Charakter gehabt: Weil Serbien nichts zu tun habe mit den regenbogenhaften | |
Charakterzügen des freizügigen Europa. Mag sein, dass das auf den | |
klerikal-nationalistischen Mainstream zutrifft. | |
Dann muss er eben per queerer Graswurzelbewegung in Form einer Parade | |
darüber belehrt werden, dass die Wünsche der queeren Serb*innen wichtiger | |
sind als jeder Respekt vor den religiös-nationalistischen Sphären der | |
Mehrheit. Das Land, das noch rudelweise [3][Kriegsverbrecher*innen] aus | |
den postjugoslawischen Kriegen der Neunziger Wertschätzung entgegenbringt, | |
muss sich entscheiden: europäisch zu werden – oder nicht. | |
18 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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