# taz.de -- Strom könnte billiger sein statt teurer: EEG-Umlage zu früh abges… | |
> Mit der Gebühr sollte Ökostrom gefördert werden. Die Ampel schaffte sie | |
> ab. Tatsächlich hätte sie den Strompreis ab 2023 senken können. | |
Bild: Zu früh abgeschafft: Umlage für Ökostrom | |
FREIBURG taz | Im Frühjahr hatte die Bundesregierung sich noch für die | |
[1][Abschaffung der sogenannten EEG-Umlage] gefeiert – gerade noch | |
rechtzeitig, bevor die Umlage sich jetzt von ganz alleine auflöst. Und mehr | |
noch: Gäbe es die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) heute | |
noch, könnte sie im kommenden Jahr negativ werden. Sie würde den Strompreis | |
also nicht mehr belasten, sondern entlasten. | |
Die EEG-Umlage war bis Juli ein Posten auf den Stromrechnungen. Damit | |
bezahlten die Stromkund:innen die Förderung der erneuerbaren Energien, | |
um die Stromgewinnung klimafreundlich zu machen. Teile der Industrie | |
profitierten allerdings von Ausnahmen, außerdem traf die Abgabe Menschen | |
mit geringem Einkommen relativ gesehen stärker als Wohlhabende. Um die | |
Ökostromförderung gerechter zu machen, hatte die Ampel-Regierung deshalb | |
den Umstieg auf Steuerfinanzierung ab 2023 angekündigt – und diesen Termin | |
zur Entlastung in der Energiekrise noch ein halbes Jahr vorgezogen. | |
Dass die EEG-Umlage künftig aber gerade ent- statt belasten könnte, ergibt | |
sich aus ihrer Systematik. Sie hatte keinen festen Betrag, sondern ergab | |
sich aus der Differenz zwischen garantierter Vergütung für Ökostromer und | |
dem Marktpreis für Strom. | |
Ein Beispiel: Ein Hausbesitzer betreibt eine Photovoltaikanlage und bekommt | |
für seinen eingespeisten Strom 12 Cent je Kilowattstunde vergütet. Diese | |
Kilowattstunde gehört nun formal dem Übertragungsnetzbetreiber. | |
## Der Börsenpreis ist der Knackpunkt | |
Der Übertragungsnetzbetreiber verkauft die Kilowattstunde am Spotmarkt der | |
Börse. Erlöst er dafür 5 Cent, was lange Zeit ein normaler Wert war, muss | |
er die restlichen 7 Cent über das EEG-Konto ausgleichen. Auf dieses Konto | |
flossen die Umlagezahlungen der Stromkunden – die entsprechend dem Bedarf | |
regelmäßig angepasst wurden. | |
Inzwischen aber sind die Preise an der Strombörse so hoch, dass der | |
Übertragungsnetzbetreiber die Kilowattstunde für vielleicht 20 Cent | |
verkaufen kann, also Gewinn macht. Den darf das Unternehmen aber nicht | |
behalten, sondern muss den Betrag umgekehrt dem EEG-Konto gutschreiben. | |
Bei diesem Beispiel sind die 20 Cent sogar noch niedrig gegriffen. Im Juli | |
zum Beispiel lag der Marktwert einer Kilowattstunde Solarstrom bei rund 26 | |
Cent, im August dürfte er noch höher gelegen haben. Während die Betreiber | |
von Großanlagen, etwa Windparks, ihren Strom selbst vermarkten oder | |
vermarkten lassen und somit von den gestiegenen Börsenpreisen selbst | |
profitieren, haben Kleinerzeuger kaum eine andere Wahl als die Nutzung der | |
gesetzlichen Fixvergütung. Das hat zur Folge, dass sie zwangsläufig den | |
Mehrwert ihres Stroms der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. | |
## Umlage würde negativ | |
Entsprechend schloss der August mit folgender Bilanz: Der EEG-Strom brachte | |
an der Börse rund 2 Milliarden Euro Erlös, es wurden aber nur 1,5 | |
Milliarden Euro an die Anlagenbetreiber ausgeschüttet. Nimmt man die Preise | |
an den langfristigen Terminmärkten für die kommenden Monate und Quartale | |
zur Basis, dann würde im Jahr 2023 die einst als Strompreistreiber wirkende | |
EEG-Umlage negativ. | |
Das EEG-Konto dokumentiert die Entwicklung: Es liegt inzwischen satte 17,4 | |
Milliarden Euro im Plus. Ursache dafür sind neben den hohen Börsenpreisen | |
der letzten Monate aber auch die noch für das erste Halbjahr aufgelaufenen | |
Summen aus der EEG-Umlage sowie ein Bundeszuschuss in Höhe von 10,8 | |
Milliarden Euro aus dem Vorjahr. Weitere geplante Bundeszuschüsse hat die | |
Bundesregierung naheliegenderweise ausgesetzt. | |
Was jedoch mit den angesammelten und weiter anwachsenden Beträgen in | |
Zukunft passieren soll, ist noch unklar: [2][„Die Bundesregierung berät | |
derzeit, wie hier weiter verfahren wird“], heißt es auf Anfrage im | |
Bundeswirtschaftsministerium. | |
14 Sep 2022 | |
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[1] /Abschaffung-der-Abgabe-fuer-Erneuerbare/!5851523 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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