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# taz.de -- Chinesische Künstler*innen in Berlin: Mit Schwan über den Landweh…
> Die Ausstellung „Forming Communities: Berliner Wege“ zeigt die Arbeiten
> von in Berlin lebenden Künstler*innen aus China. Die Szene ändert
> sich.
Bild: Videostill aus „Lerne Deutsch in meiner Küche“ von Fan Popo in der A…
Berlin gehört mittlerweile auch zu China. Nicht unbedingt [1][im Sinne von
Xi Jinping,] der ganz in der Geistesverfassung von Autokraten Macht mit
Herrschaft über Territorien verbindet. Nein, Berlin gehört zu einem
offeneren China. Denn zahlreiche Künstler*innen aus China haben sich
mittlerweile in der Stadt angesiedelt. Sie arbeiten hier, lokal vernetzt,
aber oft auch mit Blick auf die alte Heimat.
Der in Berlin und Peking lebende Künstler und Kurator Thomas Eller und der
aus Peking stammende, während des Lockdowns aber in Berlin festsitzende
Kurator Li Zhenhua versammeln jetzt im Kindl Zentrum für zeitgenössische
Kunst unter dem Titel „Forming Communities: Berliner Wege“ zahlreiche
Positionen in Berlin lebender chinesischer Künstler*innen. Und weil diese
nicht immer nur einsam im Atelier mit Pigmenten und Substanzen operieren,
sondern in kommunikativem Austausch mit anderen Künstler*innen stehen,
ist die Ausstellung um solche befreundete Positionen erweitert.
In zahlreichen der oft ganz neuen Arbeiten hat sich die Corona-Pandemie
niedergeschlagen. Yi Kes Installation „Emptiness Chair“ besteht aus
Projektionen von Stühlen an der Wand. Es handelt sich dabei um sehr
reduzierte, fast skelettierte Darstellungen von Stühlen. Ein weiterer Stuhl
ist an der Wand montiert, ragt von dort im rechten Winkel heraus und wirft
farbige Schatten. Die Künstlerin und Kunsttherapeutin Yi Ke entwickelte die
Installation im Rahmen eines Projekts mit Menschen und Stühlen in Wuhan im
letzten Jahr.
Berliner Lockdown-Erfahrungen verarbeitete der Medienkünstler aaajiao in
einer Installation aus vier Handydisplays. Er zeichnete Chatnachrichten
auf, dokumentierte die Bewegung der Bambusblätter auf dem Berliner
Penthouse-Balkon, auf dem er gestrandet war, und komponiert melancholische
Atmosphären mit technischen Geräten.
Für Gemütsaufhellungen sorgen hingegen die fast lebensgroßen mobilen
Schwanenskulpturen, die das norwegisch-amerikanische Künstlerinnenpaar
Ellinor Aurora Aasgard und Elizabeth Ravn schuf und die jetzt in der
Ausstellung verteilt sind. Aasgard/Ravn imaginierten sich während des
Lockdowns an Bord dieser Skulpturen, während diese über den Landwehrkanal
schwammen. Die Aktion war als Erweiterung der Pandemie-typischen
Spaziergänge gedacht.
## Zersplitterte Männerfiguren
Unweit der Schwäne liegen zwei in zahlreiche Einzelteile zersplitterte
Männerfiguren am Boden. Ungewöhnlich sind bei diesen Keramikfragmenten nur
die etwas unförmig in die Luft ragenden Objekte anstelle der Genitalien.
Der südkoreanische Künstler Young-jun Tak ließ sich bei der Arbeit von
einer eher schrillen Episode in einer Sauna inspirieren. Bei einem
Saunabesuch nahm ein Mann offenbar in einem Ruheraum den Penis eines
anderen Mannes, der ihn nicht kannte, in seinen Mund.
Als die Polizei anrückte, erzählte er, dass er den Penis mit einem
Fischkuchen in ebendieser Form verwechselt hätte, den er sich gerade im
Restaurant der Sauna bestellt hätte. Es gibt offenbar immer neue Wege, auf
denen sich Körpergrenzen auflösen können.
Beispiel dafür sind auch die vom Körper ausgehenden Kohlemalereien in den
Performances von Isaac Chon Wai oder die Abnagespektakel, die He Xiangyus
seine Gäste an Objekten vollführen lässt, die Säulen der
griechisch-römischen Antike nachgebildet sind.
## Taiwan kommt nicht vor
„Forming Communities“ zeigt vor allem, wie sich Kunstszenen und
künstlerische Prozesse verändern. Zeitgenössische Kunst aus China definiert
sich nicht mehr über die – gut im Westen verkaufte – ironische
Auseinandersetzung mit dem [2][einstmals verordneten sozialistischen
Realismus.] Und es ist auch nicht mehr spektakulär, wenn Künstler*innen
aus China das Land verlassen. Es handelt sich vielmehr um eine gelebte
Praxis, die in beide Richtungen, nach China wie in den Westen, ausstrahlt.
Den alten politischen Mustern folgt, dass die Ausstellung keine einzige
Position aus Taiwan enthält. Dieser leere Fleck spiegelt die kommunikativen
Austauschprozesse unter Künstler*innen eher nicht wider.
6 Sep 2022
## LINKS
[1] /Kommunistische-Partei-Chinas/!5872193
[2] /Hongkongs-neues-Supermuseum/!5812831
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
Kunst
China
Kunstaustausch
Bildende Kunst
Umerziehungslager
China
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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